s Sicilian Ghost Story (2017) Review - Fantasy FilmFest Mobil
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Reviews Sicilian Ghost Story

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Reviewer

Blade * 9.0

Ich habe vor einiger Zeit meine Liebe für das italienische Genre-Kino der 70er Jahre entdeckt und bin seitdem auch neugierig, wie diese Filmlandschaft sich in all der Zeit entwickelt hat und was für Filme man dort inzwischen dreht.

Sicilian Ghost Story ist nun einer der modernen Vertreter des italienischen Kinos und ist schlichtweg unglaublich stark, sowie gleichermaßen fesselnd, desillusionierend und überwältigend. Der Film begeistert mit seiner unglaublich prachtvollen und selbstbewussten Kameraführung und kombiniert das Ganze mit wunderschöner Musikauswahl und einer bittersüßen Geschichte, die noch lange nach dem Kinobesuch in meinem Kopf nachhallt.

Wer Pans Labyrinth von Guillermo Del Toro geliebt hat und ein vergleichbares, wenn auch anderes emotionales Erlebnis gerne noch einmal durchleben möchte, dem sei Sicilian Ghost Story wärmstens empfohlen.

Ein weiterer perfekt gecasteter und überzeugend gespielter Coming-of-Age Film. Es stimmt also wirklich, dass sich dieses Thema wie eine Art roter Faden durch das Festival zu ziehen scheint.

Erstveröffentlichung

saß im Savoy, Hamburg

Herr_Kees * 4.5

Sicilian Lovestory

Die Geschichte zweier Liebender, die nicht zusammenkommen können, ist ein beliebtes Motiv der Literatur- und Filmgeschichte. In dieser Variante stehen der frisch aufblühenden Liebe nicht die Familien im Weg, sondern wohl eher "la familia": ***SPOILER***Giuseppe wird entführt, um seinen Vater bei der Polizei zum Schweigen zu bringen und Luna kann nur in ihren Träumen – oder sind es Visionen? – bei ihm sein.

Der Film, der auf einem wahren Fall beruht, nimmt sich sehr sehr viel Zeit, diesen Hauch von Geschichte zu erzählen. Manche würden es poetisch nennen, andere prätentiös. Die "Geister" des Titels sind hier jedenfalls rein metaphorisch und auch die im FFF-Programmheft angesprochene Nähe zu Märchen und Sagen muss man mit der Lupe bzw. wohl besser mit einem Literaturprofessor suchen.

Als gegen Ende dann der Film kurz davor ist, einen wirklich romantischen Abschluss à la Romeo & Julia zu finden, nimmt er nochmal eine Abzweigung, die so gar nicht zum Vorangegangenen passen will. Das ist dann wirklich ein Mysterium.

war im Metropol, Stuttgart

Dr_Schaedel * 9.0

Kein Spaß

Achtung: Wer hier - wie ich - in Unkenntnis der Hintergründe des Films eine gepflegte Geistergeschichte mit Lokalkolorit erwartet, sei gewarnt: Bei SICILIAN GHOST STORY handelt es sich um eine bittere, tragische Geschichte aus der harten Realität des Mafia-regierten Sizilien in den 1990er Jahren, deren Machenschaften vor nichts Halt machten, und eine davon dient als Grundlage für den hier besprochenen Film.

Dass der Film überhaupt auf dem FFF zu sehen ist, liegt daran, dass die Macher es geschafft haben, aus der brutalen Realität eine Art Märchen zu machen, in dem es eine Zwischenwelt gibt, die in all der kaum aussprechlichen Brutalität ein wenig Trost spendet und zumindest mögliche Auswege zeigt. Das ist auch bitter nötig, denn der Film schneidet zunehmend rein wie ein dünner Draht, und besonders die Szenen am Schluss sind schwer zu ertragen.

Das Ganze wird umso schlimmer dadurch, dass man mit den beiden Protagonisten ein so authentisches, unbekümmertes und sympathisches Duo am Beginn der zarten, ersten Liebe einführt, dass alles, was danach kommt, nur noch Wut und Ohnmacht auslöst.

Vielleicht ein bisschen zu spät werden die tatsächlichen Fantasy-Elemente ins Spiel gebracht und vielleicht zu oft Wassertropfen in dunklen Kellerhöhlen und zitterndes Gras bedeutungsschwanger in Szene gesetzt. Aber das stört nur wenig, braucht es doch diese Ästhetik, um dem Zuschauer ein klein wenig Realitätsflucht zu gönnen, damit ihn die eigentlichen Begebenheiten nicht zu sehr überrollen. Zu denen will ich im Einzelnen nicht viel sagen, jeder Satz wäre hier Spoiler.

Zusammenfassend kann man sagen: Ein hartes Thema, sehr poetisch und einfühlsam umgesetzt, mit einem fantastischen Cast und erlesenen Bildern. Nur bedingt ein Gruselfilm und schon gar keine leichte Unterhaltung, aber ich bin dankbar, dass ich ihn im Rahmen des Festivals sehen durfte.

verweste im Cinemaxx, München

landscape * 9.0

Poetisch

Mir gefiel besonders das poetische Band, das die Natur zwischen den Protagonisten spannt. Das Wasser, der Kauz, das Pferd und auch der Rottweiler... Diese Symbolik durchzieht den ganzen Film und betont auch das schicksalhafte, kaum beeinflussbare Handeln der Erwachsenen.

Sehr schöne Aufnahmen des Dorfes an zwei Hängen unter schwerem Nachthimmel mit den morsenden Freundinnen, das Schweigen der Erwachsenen, die Unmöglichkeit der Liebe der Teenager - wie schon bei Romeo und Julia.

war im Savoy, Hamburg

Roughale * 6.5

Tolle Bilder, aber etwas zu ruhiges Erzähltempo

Wie der Titel schon andeutet, hatte ich leichte Probleme mit dem Erzähltempo, das mir etwas zu langsam war, mag an mir gelegen haben, aber um mich herum wurde auch viel gegähnt. Ebenso hatten einige andere auch den Zweifel, ob es ein würdiges Centerpiece war, ich habe da auch Zweifel...

Optisch war der Film sehr gut, dasselbe gilt für die Hauptdarsteller, die ihren Job exzellent machten, auch die kleineren Rollen, bis auf den geistig Behinderten, der mir zu klischeehaft rüberkam, waren solide. Der Hauch von Fantasy war auch gut dosiert, auch wenn es gegen Ende gern etwas mehr hätte werden können, ist Geschmacksache. ***SPOILER***Das Ende kam nicht wirklich überraschend und somit auch nicht ganz so schockierend - traurig war es allemal und wer musste da nicht an Shakespeare denken? ;-)

Im Großen und Ganzen für mich ein durchschnittlich guter Film, aber nicht mehr...

war im Savoy, Hamburg

D.S. * 7.0

Dreams are my Reality

Dem Titel meines Reviews zum Trotz ist das diesjährige Centerpiece weder kitschig noch albern noch poppig bunt: Tatsächlich handelt es sich um einen ausnehmend leisen, poetischen, stellenweise fast magisch anmutenden Film, der eine bittere Geschichte mit realem Hintergrund immer wieder in phantastische Gefilde überführt. Im Zentrum der Handlung steht dabei jedoch ein junges Mädchen, Luna, für das Träume ein Weg sind, die Realität zu gestalten.

Nachdem ihre erste, große Liebe Giuseppe von Mafia-Schergen entführt worden ist, entwickelt sie zudem die Fähigkeit, in ihren Träumen realitätsgleiche Visionen zu entwickeln, Traum und Realität also miteinander zu verbinden – und in diese Realträume bzw. Visionen nimmt uns der Film auf faszinierende Weise mit, indem er auch für den Zuschauer die Grenzen zwischen Lunas Wahrnehmungsebenen verschwimmen lässt. Besonders beeindruckend gelingt dies in Sequenzen, in denen Teile der gezeigten Szenerie real, andere jedoch geträumt sind, letztere also wie eine zweite Bildebene wirken.

Auch abgesehen davon ist der Film exzellent fotografiert, sowohl hinsichtlich seiner sensationellen Landschaftsaufnahmen als auch seiner Inszenierung dunkler, enger Räume oder der omnipräsenten Natur und ihrer Bewohner. Neben der Kamera und der Bildkomposition trägt auch der melancholische, sehr "weite" Score dazu bei, uns eine andere Welt zwischen Sehnsucht und Schmerzen zu eröffnen.

SICILIAN GHOST STORY entwickelt sich zu großer Filmkunst mit teils halluzinatorischer Sogkraft – leider aber benötigt er für meinen Geschmack viel zu lange dafür. Das Tempo des Geschehens ist nie nennenswert hoch, und über das erste Drittel der Laufzeit hinweg geschah weder in inhaltlicher noch in stilistischer Hinsicht viel, das mein Interesse geweckt hätte.

Irgendwann ertappte ich mich dann aber doch dabei, in die poetische Filmwelt einzutauchen. Zudem entwickelt die Geschichte eine Tragik, die kaum kaltlassen kann. Da der Weg dorthin für mich persönlich aber ein Stück zu weit war: "nur" 7/10 Punkten. Dennoch klar eines der bisherigen Highlights des Programms.

goutierte im Cinestar, Frankfurt

Leimbacher-Mario * 8.5

Eine zarte Kostbarkeit

"Sicilian Ghost Story" ist das Centerpiece, das Herzstück des diesjährigen Fantasy Filmfests. Und was für ein romantisches, trauriges, delikates Herzstück! Als Halbsizilianer natürlich noch etwas berührender als ohnehin schon. Es geht um ein junges Mädchen auf Sizilien, das sich in einen Jungen verliebt hat und diesem folgt. Eines Tages verschwindet er von einen auf den anderen Moment und das Mädchen steht vor einem Rätsel der verlorenen jungen Liebe, Kindheit, Unschuld. Basierend auf einem echten Fall von vor knapp 25 Jahren, ist dieses sizilianische Geschichte mit wenig zu vergleichen. Selbst mit "Pan’s Labyrinth" kaum. Krimi, Liebesstory, Geistergeschichte, Coming-of-Age-Gedicht - eine zerbrechliche, anspruchsvolle Mischung, die tief unter die Haut gehen kann. Man muss sich nur darauf einlassen und etwas einlullen lassen...

Eine kleine Straffung hätte dieser wichtigen italienischen Vergangenheitsbewältigung gut getan. Der Rest ist ein lyrischer Hauch aus Tränen, Hoffnung und Liebe. Zwischendurch wäre fast eine Träne gekullert. Dieses besondere Werk hätte es verdient gehabt. Traum und Realität, Geist und Körper, Natur und Mensch, das Böse und das Gute - alles läuft ineinander. Übergangslos und traumhaft in jedem Sinn des Wortes. Mal enttäuschend, mal beglückend, immer überraschend. Wenn man ihn an sich heranlässt, dann wird man ihn vielleicht nie mehr los. Dass solche Fälle in Italien sicher nicht nur einmal vorkamen und noch immer fast Alltag sind, macht den Brocken nur umso dicker. Die junge Protagonistin spielt die kämpfende Liebende herausragend, Sizilien ist eines der schönsten Settings, die man in Europa finden kann, audiovisuell feinste Kunst. Doch der Gesamteindruck zählt - und dieser ist größer als seine einzelnen Teile. Wenn dieses Jahr ein noch besserer italienischer Film erscheint, soll man mir bitte Bescheid geben. Vorstellen kann ich mir dies allerdings nicht. "Sicilian Ghost Story" ist flüchtig wie Nebel über einem See im Frühling, süß wie der erste schüchterne Kuss zweier Gerade-noch-Kinder, hart wie das mafiöse Gift im Rückgrat dieses wunderschönen Landes.

Fazit: die Schattenseiten Siziliens. Wunderschön, traurig, traumhaft. Realität und Fantasie verschmelzen. Die Mafia tötet Italiens Kindheit. Ein paar Minuten kürzer und vielleicht etwas mehr "Ghost", dann wäre hier ein einfühlsames Meisterwerk drin gewesen.

war im Residenz, Köln

42 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Sicilian Ghost Story
  • Score [BETA]: 70
  • f3a.net: 6.9/10 42
  • IMDb: 7.0/10
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-19 23:20

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