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Reviews Something in the Dirt

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Reviewer

Herr_Kees * 4.5

Lost in the Rabbit Hole

Die Bilder trügen: Eigentlich haben Justin Benson und Aaron Moorhead es vom Amateurfilmteam zu erfolgreichen Filmemachern geschafft, ihr letzter Film SYNCHRONIC war immerhin mit Anthony Mackie und Jamie Dornan besetzt. Und jetzt sehen wir etwas, das aussieht, als sei es mit einem noch geringeren Budget gedreht als ihr Debut RESOLUTION von vor 10 Jahren? Doch die Bilder trügen.

Später werden Filmmaterial und Inszenierung professioneller, hochwertiger. Später, wenn die beiden Protagonisten, die von den Regisseuren wie so oft selbst gespielt werden, eine Dokumentation über ihre eigenen Erlebnisse drehen und sich darin selbst spielen.

Verwirrt? Das ist Programm. Die Filme von Benson & Moorhead beschäftigen sich am liebsten mit der Verschiebung und Wahrnehmung von Zeit und Ort, mit interdimensionalen Phänomenen. Ein solches beobachten die Nachbarn John und Levi in Levis Wohnung: Ein großer Quarzstein beginnt zu schweben. Dieses Ereignis zu untersuchen, festzuhalten und weitere Phänomene zu provozieren, wird fortan der Lebensmittelpunkt der beiden unterbeschäftigten Slacker, die offenbar deutlich zu viel Zeit haben. Und es wird der Startpunkt für immer ausladendere Verschwörungstheorien.

Im Hof des Wohnblocks hängt ein Windspiel aus Matrjoschka-Puppen. Ebenso verschachtelt gehen die Protagonisten/Regisseure hier zu Werke. Wie jeder Film der beiden steckt auch SOMETHING IN THE DIRT voller interessanter Ideen, nur übertreiben sie es dieses Mal, stopfen zu viel in den Film, nicht an Handlung, sondern an Themen, und hängen damit ihre Zuschauer ab. Irgendwann erwartet man schon, auch dieser Film würde wie schon THE ENDLESS auch nochmal Bezug auf ihren Erstling nehmen, so sehr dreht sich das hier alles im Kreis.

saß im EM, Stuttgart

Leimbacher-Mario * 6.0

Ich glaube, dann bin ich!

„Benson & Moorhead“ - das ist mittlerweile ein Label, eine Marke, eine Marschrichtung für Genreheads. Für viele auch schon ein Qualitätsstempel nach interessanten und ganz eigenen Beiträgen wie „Spring“ oder „The Endless“. Im Marvelkosmos konnten sie jüngst mit „Moon Knight“ zwar kaum Eindrücke und Visitenkarten hinterlassen, doch nun sind sie wieder zurück in ihrem ungeschliffeneren Element. Genauer gesagt im Schmutz der Verschwörungstheorien und Hirnfurze, mit einem ausgedehnten Kammerspiel über zwei Nachbarn, die meinen, Paranormales ginge in ihrem Wohnkomplex vor sich, wodurch ihre fünf Minuten Ruhm am Horizont auftauchen. Zumindest in der Theorie, in ihrem Kopf, in ihrem Kosmos.

Typisch Benson & Moorhead. Das musste ich oft denken. Und auch: Haben sie das Rad nun überdreht, hat sich ihr „Schtick“ nun deutlich abgenutzt? Fragen, die ich nach „Something in the Dirt“ nicht wirklich beantworten kann und will. Denn anders als gefühlt der Großteil meiner Mitgucker - Fans wie Frischlinge, was die zwei momentanen Kultregisseure angeht - konnte ich beim Verlassen des Kinosaals durchaus einige positive Punkte an diesem Sprung in einen weirden, mehrbödigen Kaninchenbau finden. Den Schnittstil und die vielen visuellen Einschübe, Einfälle, Witze und Auflockerungen sind bei mir richtig gut angekommen. Das sieht man mit diesem Timing und eigenwilligen Humor nicht alle Tage. Wer also wirklich Hardcore-Liebhaber vom B&M-Stil ist, wird hier zumindest audiovisuell sicher ebenfalls nicht enttäuscht werden. Das Thema des „Film im Film“, diese Detailverliebtheit und das Überschlagen der Ereignisse, Erkenntnisse und Monologe muss man erstmal unter einem Hut bringen - mit dem Ziel, im Endeffekt doch gar nichts zu sagen und völlig auf der Stelle zu trampeln. Wie ein schrulligerer „Under The Silver Lake“. Definitiv ein Polarisierer. Fingerübung, Fakedoku, Vanityprojekt, Vexierspiel der Sinnlosigkeit. Kann man sicher prächtig drüber diskutieren und philosophieren. Oder einfach den Kopf schütteln und es links liegen lassen. Ich kann beide Sichtweisen voll verstehen. Will ich das wirklich nochmal sehen? Muss ich wohl.

Fazit: Anstrengend und genial zugleich. Was eine audiovisuell kreative Quasselstrippe. Hat Kultfilm überall auf sich stehen. Und dennoch konnte/wollte ich nicht alle Haken mitschlagen. Wuselig, wimmelig, rummelig - und doch leer, ziellos, planlos. Was wiederum genau der Punkt ist. Slackerschlangengrube.

glotzte im Residenz, Köln

D.S. * 8.0

Mehr Licht!

Zwei Nachbarn in einem halbwegs heruntergekommenen Apartmentkomplex in LA stolpern förmlich über ein Phänomen, das allen bekannten physikalischen Gesetzmäßigkeiten zu widersprechen scheint: Ein als Aschenbecher missbrauchtes Objekt aus Quarzstein erhebt sich eigenmächtig in die Luft und sondert dabei zunächst nur farbenfrohe Licht-, später auch hochmelodische Tonfrequenzen ab. Nur langsam realisierend, was sie da vor sich haben, beginnen die beiden Jungs (gespielt von den Regisseuren Justin Benson und Aaron Moorhead selbst), immer versponnenere Ideen über die Gründe für dieses Ereignis zu entwickeln, wobei sie tief in Gravitations- und Elektromagnetismus-Theorien eintauchen – und das naturwissenschaftlich vielleicht nicht ganz so bewanderte Publikum zwischenzeitlich durchaus überfordern können.

Bald schon fühlen sie sich einem Geheimnis auf der Spur, das in die Kategorie weltumspannend bzw. einheitliche Feldtheorie fällt, insbesondere, als sie auf einmal überall in der Stadt ein bestimmtes grafisches Muster zu erkennen glauben, das sich auch in einem obskuren, ausschließlich in Esperanto verfassten Lehrbuch namens „Geometry of Magnetism“ findet. Kurz gesagt: Sie machen sich auf eine immer weiter ausufernde Jagd nach signifikanten Zufällen – oder aber „Nicht-Zufällen“ –, die belegen, dass ihr Phänomen die Welt erklären kann, wobei sie sich, wie von ihnen selbst irgendwann beschrieben, in einer stetig wachsenden Zahl von Indizienfäden verlieren, die doch nie zu einem Ende führen.

Prägnanter und holistischer als in SOMETHING IN THE DIRT wurde das Wesen von Verschwörungsfantasien vielleicht noch nie fassbar gemacht, ihre destruktiven Auswirkungen auf einen vermeintlich klaren, kritischen Geist noch nie nachvollziehbarer in Wort und Bild gefasst. An dieser Stelle hört der Film allerdings nicht auf, stattdessen führt er einen weiteren Handlungsstrang ein: John und Levi, die beiden Nachbarn, erkennen in dem übernatürlichen (?) Ereignis – dessen Umfang sich bald noch ausweitet – das Potenzial, ihr Leben auf einen grüneren Zweig zu bringen, sprich, sie beschließen, eine Doku darüber für Netflix zu erstellen. Womit sich die Erzählung vielleicht ein klein wenig verhebt, denn zu exzessiv verkopften Diskussionen und bizarren Sichtungen kommen nun auch noch drastische Sprünge auf der Zeitebene und in der Erzählperspektive hinzu, als wir verfolgen, wie die beiden einige ihrer „paranormalen“ Erlebnisse für die Kamera nachstellen oder andere an der Dokumentation Beteiligte zu Wort kommen.

Diese „Filmherstellung im Film“ hätte es wohl nicht unbedingt gebraucht, die Erzählung ist auch in sich schon faszinierend abseitig genug inszeniert, andererseits kann ja eine weitere Verwirrdimension im Universum der beiden Ausnahmeregisseure niemals schaden – und sei es nur, weil sie für zusätzliche Anlässe für amüsante Dialoge sorgt. Apropos, mehr Humor als in SOMETHING IN THE DIRT hat sich noch in keinem ihrer bisherigen gemeinsamen Werke gefunden. Ich sage nur „Rose Croutons“! Finden lässt sich zudem auch hier wieder ein Querverweis auf einen ihrer vorherigen Filme: Überdeutlich wird in einer Sequenz ein Werbeplakat für die „Arcadia Brewery“ mit dem Slogan „endlessly refreshing!“ in Szene gesetzt. „Camp Arcadia“ heißt der Sektenhort in THE ENDLESS.

Solcherart Filmgeek-Ostereier, in Ideen versteckte Ideen ganz im Stil der nicht zufällig im Innenhof des Gebäudes platzierten Matrjoschka-Puppen, überlaut vibrierende Erzählvenen voller Kreativität und schier nicht einzufangender Kreativität: SOMETHING IN THE DIRT präsentiert Benson und Moorhead in Hochform – und gleichzeitig eine Geschichte, die auch in sich auf mehreren Ebenen gelesen werden kann. Einerseits, wie erwähnt, als durchgeknallte Analyse durchgeknallter Verschwörungsfantasien, die deutlich von der Arbeit der beiden an ARCHIVE 81 beeinflusst zu sein scheint. Andererseits aber auch als Geschichte über das Finden eines Lebenssinns, eine Definition seiner selbst durch das Verfolgen einer selbst gestellten Aufgabe. Oder als eine Geschichte über Empathie und das Verstehen, das aus einer Zweckfreundschaft eine wirkliche machen kann. Vielleicht aber auch nur als Geschichte über LA. Den Ort mit dem besten Licht. Für mich persönlich jedenfalls ein echtes Highlight – 8 Punkte.

war im Harmonie, Frankfurt

24 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Something in the Dirt
  • Score [BETA]: 73
  • f3a.net: 5.5/10 24
  • IMDb: 6.8/10
  • Rotten Tomatoes: 88%
  • Metacritic: 80/100
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-18 05:31

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