s The Things You Kill (2025) Review - Fantasy FilmFest Mobil
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Reviews The Things You Kill

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Reviewer

Herr_Kees * 7.0

Das Gewissen klopft

Am Grab seiner soeben verstorbenen Mutter erfährt Ali, dass sein Vater die Mutter geschlagen hat, wohl mehr als einmal. Das Verhältnis zwischen Vater und Sohn ist ohnehin seit langem angespannt, der Patriarch lässt sich nichts sagen und untersagt der Familie sogar bei der Trauerfeier noch die Tränen. Hier haben wir es mit sehr verhärteten und komplizierten Familienverhältnissen zu tun und der Film verharrt lange in einem fast dokumentarisch gefilmten Familiendrama, bis in Ali die Zweifel an einem natürlichen Tod der Mutter wachsen.

Wir haben uns gerade auf einen Richtungswechsel des Films eingestellt, wenn wir Ali bei seinen Nachforschungen beobachten, als wir uns plötzlich in einem völlig unerwarteten Szenario wiederfinden. Es scheint, als hätten wir einige entscheidende Szenen übersprungen. Früher hätte man vermutet, dass wohl eine Filmrolle fehlt, doch im Zeitalter der digitalen Projektion greift diese Erklärung nicht. Regisseur Alireza Khatami nimmt uns gedanklich einfach eine mögliche Entwicklung des Films ab und transportiert uns gleich in die nächstmögliche Konsequenz. Und das ist nicht der einzige inszenatorische Trick, der dieses „Familiendrama“ komplexer macht, als es auf den ersten Blick (und im ersten Akt) scheint, auch wenn der nächste Coup Khatamis, der den weiteren Film maßgeblich bestimmen wird, aus einem bekannten filmischen Meilenstein übernommen wurde.

Nur so viel: Das Drama um Schuld und Sühne nimmt zunehmend metaphorische Züge an und die Aufgabe, die Ali als Professor seinen SchülerInnen stellt, was die Bedeutung von „to kill“ denn mit dem Begriff der „Translation“ zu tun haben möge, dürfen wir als Zuschauende mit nach Hause nehmen, um uns daran die Köpfe zu zerbrechen. Das Ende des Films jedenfalls, ein schönes „Bookend“ mit der Anfangsszene, ist richtig unheimlich – ob Metapher oder nicht.

staunte im das Metropol, Stuttgart

Leimbacher-Mario * 7.0

Die Abgründe Anatoliens

Väter, Söhne. Erbe, Schmerz. Tradition, Gewalt. Masken, Facetten. Traumata, Schuld. Verdrängung, Familie. Mütter, Schwestern… „The Things You Kill“ ist sicher einer der komplexeren, wuchtigeren und mysteriöseren Thriller der letzten Zeit. Nicht nur aus der Türkei. Dabei liegen Themen und Schlagwörter wie oben immer klar und deutlich auf dem Tisch. Und doch wendet Alireza Khatamis abgründiges, perfides und doch irgendwie nachvollziehbareres Familiendrama ein paar Kniffe und Tricks an, die dem Ganzen einige Ebenen, Facetten und Auraringe mehr spendieren als man auf Anhieb ganz fassen kann… Erzählt wird grob gesagt von einem türkischen Sohn und Uniprof, der nach dem Tod seiner kranken Mutter wesentlich düsterere Familienkonflikte aufschwelen lässt…

Die Sünden des Vaters

Sehr viel Familiendrama, sehr wenig Genre. Da kann man mal wieder streiten, ob der wirklich z.B. auf das Fantasy Filmfest gehörte. Auf den ersten Blick wäre ich wohl eher bei „Guter Film - aber nein!“ gewesen. Doch umso mehr ich „The Things You Kill“ in meinem Kopf ziehen und wirken und garen lasse, desto mehr Schichten bekommt er und desto mehr Schauer jagen mir über den Rücken. Das bittere Drama geht weit über seine erhabenen Landschaften, ein paar piekfeine Kameratricks und engagierte Darsteller hinaus. Alles ist hier durchzogen von einer tief verwurzelten Unsicherheit, Identitätskrisen und väterlichen Problemen. Und Jungs, ganz ehrlich, haben wir die nicht alle? Okay, nicht so extrem und eskalierend (hoffentlich) wie hier dargestellt. Aber ich glaube fast jeder Mann kennt diese Konflikte und dieses Kopfschütteln über seinen Vater, die eigene Familie, die eigenen dunklen Seiten (!) zumindest in Ansätzen sehr gut. Und ich glaube das ist der fiese Kern - der im Übrigen logisch weit über die Türkei hinaus geht! - der „The Things You Kill“ besonders persönlich, besonders gemein, besonders intelligent macht. Und bestimmt bleibend. Denn gerade solche langsam wuchernden und im Körper des Zuschauers wandernden Werke überdauern und wachsen wortwörtlich über sich hinaus… Ob man direkt mit Lynch vergleichen muss, ist eine andere Sache. Empfehlenswert für konzentrierte Zuschauer und Grenzgänger ist „The Things You Kill“ aber absolut. Und besonders für Söhne und Väter…

Fazit: fordernder und sehr theoretischer, trockener, tragischer und trauriger Türkeithriller… Schwere, Metaphern, Gewalt, Schuld. Wie der Vater so der Hohn… Dickes Ding, muss man erstmal sacken lassen. Sehr wenig Genre, sehr viel finsterstes Familiendrama. Nur um sich dann in etwas Fieseres und Intimeres zu verformen…

glotzte im Residenz, Köln

D.S. * 7.0

Wer bin ich und warum?

Die Hölle, sind das die anderen? Für Englischprofessor Ali scheint das zuzutreffen, denn er leidet an fast allen und allem um ihn herum: der kaputten Ehe seiner Eltern, dem Kinderwunsch seiner Frau, der Ignoranz seines Vorgesetzten. Da lernt er Reza kennen, der ganz anders ist als er selbst: Er sagt offen, was er denkt, geht Probleme pragmatisch an, nimmt die Dinge in die Hand. Zunächst findet Ali das befreiend. Als seine Mutter auf verdächtige Weise ums Leben kommt und Reza ihn drängt, die Rolle seines autoritären Vaters dabei genauer zu betrachten, kippt die Situation jedoch schnell - und Ali wird gezwungen, die Abgründe seiner eigenen Seele zu erkunden …

Was als intensives Drama über Familienkonflikte und unterdrückte Emotionen beginnt, wandelt sich durch einen surrealen Twist zu einem (alb)traumähnlichen, nachhaltig verstörenden Erzählkonstrukt, in dem keinerlei Gewissheiten mehr bestehen.

THE THINGS YOU KILL, der beim Sundance-Festival mit einem Preis für die beste Regie ausgezeichnet wurde und nun für Kanada ins Rennen um den Oscar für den besten internationalen Film geht, ist ein fordernder, aber formal wie inhaltlich außergewöhnlicher, wunderbar gefilmter Slowburner voller Subtext. Ebenjener kann leicht dazu führen, dass man sich Tage nach der Sichtung plötzlich dabei ertappt, über die Handlung und ihren entscheidenden, wie aus dem Nichts kommenden Wendepunkt nachzudenken. Bei aller Aufmerksamkeit, die einem die Erstsichtung abverlangt, und bei allen Fragezeichen, die sie hinterlässt: das ist ein gutes Zeichen. Für alle, die gerne über das Gezeigte und nur Angedeutete diskutieren oder sich generell gerne etwas länger mit einem Film auseinandersetzen, zumindest. Knappe 7 Punkte.

19 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

The Things You Kill
  • Score [BETA]: 79
  • f3a.net: 7.3/10 19
  • IMDb: 6.9/10
  • Rotten Tomatoes: 96%
  • Metacritic: 78/100
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2025-11-13 05:41

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