s Tiger Stripes (2023) Review - Fantasy FilmFest Mobil
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Reviews Tiger Stripes

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Reviewer

D.S. * 7.0

Call of the Wild

Das Sujet des Films – eine Body-Horror-artige Verwandlung eines Menschen in ein animalisches Monster als Metapher für Coming-of-Age und damit verbundene Schwierigkeiten der Selbstfindung und -akzeptanz – wurde mittlerweile in gefühlt dutzenden Genrefilmen durchexerziert. Mehrere seiner zentralen Plot-Devices wie etwa die erste Periode oder auch hasserfülltes Mobbing gehören bei diesem Sujet schon fast selbstverständlich dazu, lassen sich filmisch sogar mindestens bis zu CARRIE zurückverfolgen. Obwohl hier also sehr vieles erst mal sehr vertraut erscheinen mag, setzt sich TIGER STRIPES doch von seinen Mitstreitern ab, erobert sich seinen eigenen Platz im Subgenre und kann Festivaljurys weltweit aus gutem Grund begeistern: unter anderem wurde er beim NIFFF als bester Spielfilm und in Cannes sogar mit dem Grand Prix der Critics’ Week ausgezeichnet.

Was ihn so besonders macht, ist dabei einerseits sein Setting: Die malaysische Gesellschaft ist eine sehr konservative, so patriarchalisch wie religiös geprägte – in einem solchen Umfeld ist die wesentlich früher als bei ihren Klassenkameradinnen einsetzende Monatsblutung der 11-jährigen Hauptfigur Zaffan eigentlich ein Un-Thema, aber dank seiner Begleiterscheinungen lässt es sich von der (Schul-) Öffentlichkeit nicht ignorieren und gewinnt deutlich höhere Relevanz, als es in zeitgenössischen westlichen Filmen der Fall wäre. Zudem ist Zaffan ohnehin ein rebellisches Wesen, das mit vergleichsweise offener Körperlichkeit gegen die strikten Moralgebote von Elternhaus und Lehranstalt protestiert und so für viel Aufsehen sorgt, genau wie für eine immer rigidere Ausgrenzung durch ihre Mitschülerinnen, angeführt von der arrogant auftretenden Farah. Die Konfliktlinien verlaufen hier also nicht nur zwischen der missverstandenen Prä-Teenagerin und der erwachsenen Außenwelt, sondern auch innerhalb des zunächst als Schutzraum dargestellten Freundeskreises, was ihr Aufbrechen umso drastischer macht.

Andererseits kann TIGER STRIPES durch eine tolle Chemie zwischen seinen Hauptdarstellerinnen und eine dadurch bedingte Natürlichkeit in ihrem Spiel, ihrem Umgang miteinander beeindrucken – sowie durch einen erstaunlich großen Humoranteil. Dieser findet vor allem in der Darstellung der Figur des Dr. Rahim Niederschlag: ein echter Scharlatan, Social-Media-Influencer, Arzt und selbsterklärter Exorzist in einem, über dessen affektiertes Gehabe und Geschäftstüchtigkeit sich sehr gelungen lustig gemacht wird.

Zwar können die Make-up-Effekte aus offenkundigen Budgetgründen leider wirklich nicht begeistern, das Sounddesign dafür umso mehr, das den Dschungel akustisch zum flirrenden Leben erweckt, der immer lautstärker nach Zaffan ruft. Auch die Kamera hat ein paar starke Momente, vor allem mehrere Großaufnahmen von Zaffans Gesicht sind sehr wirkungsvoll in Szene gesetzt.

TIGER STRIPES ist ein gleichermaßen grundsätzlich ernsthaft gestimmtes wie leichtfüßiges und vitales, mitunter humorvolles Jugenddrama, das viel Sympathie für seine Hauptfigur und ihren starken, eigenen Weg weckt. Eine kleine Ode an Wildheit und Unbezähmbarkeit, die ein wohlvertrautes Sujet erfrischend individuell bearbeitet. 7 Punkte von mir.

war im Harmonie, Frankfurt

traab * 5.0

You're dirty now.

"Tiger Stripes" aus dem Jahr 2023 ist ein Mix aus Coming-of-age-Film, Bodyhorror und Drama aus Malaysia, in dem es um die Stigmatisierung der Frau in einem religiösen Kontext geht.

"Ein BH sorgt in einer Mädchenschule für Aufregung, als Zaffan ihn heimlich trägt. Dann erfährt die Schule, dass Zaffan ihre erste Periode hat, was bei den abergläubischen Mitschülerinnen Ekel auslöst. Sie wird plötzlich von allen gemieden. Gleichzeitig verändert sich ihr Körper auf beunruhigende Weise."

Die Regisseurin Amanda Nell Eu debütiert hier eindrucksvoll und bringt wichtige Themen und womöglich eigene Erfahrungen in den Fokus.

Über all den Problemen, mit welchen die Protagonistin Zaffan zu kämpfen hat, schwingt vor allem die Unaufgeklärtheit und der Irrglaube, sowie die allgemeine Stellung der Frau und ihrem Zyklus im Islam.

Zaffans Entwicklung, sowohl körperlich als auch psychisch, scheint ein Versuch zu sein, diese Vorurteile und Stigmata zu durchbrechen. In dieser Hinsicht ist "Tiger Stripes" zweifellos ein wichtiger Film, besonders angesichts der kulturellen und religiösen Kontexte, aus denen er stammt.

Abseits dieser bedeutsamen Themen konnte mich der Film jedoch nicht vollständig überzeugen. Das Thema wurde meiner Meinung nach zu offensichtlich behandelt, und die Handlung vermochte nicht über die gesamte Laufzeit zu fesseln.

Dennoch verdient die Darstellerin Zafreen Zairizal Anerkennung für ihre eindrucksvolle Leistung in ihrer ersten schauspielerischen Rolle. Sie vermittelt auf beeindruckende Weise die emotionale Tiefe, die das Thema erfordert.

"Tiger Stripes" ist eine kritische Auseinandersetzung mit religiösen Systemen, die Frauen und insbesondere ihren Zyklus unterdrücken. Er erzählt von Ausgrenzung und Mobbing, wobei die musikalische Auswahl punktet, während die visuellen Effekte eher vernachlässigt werden.

In einer Gesellschaft, die oft versucht, Frauen aufgrund ihres Körpers und ihrer biologischen Funktionen zu stigmatisieren, wirft dieser Film wichtige Fragen auf und verdient es, gesehen und diskutiert zu werden.

"You're dirty now."

Erstveröffentlichung

war im Harmonie, Frankfurt

Leimbacher-Mario * 7.0

Die Froschkönigin

„Tiger Stripes“ rebelliert. Nicht unbedingt gegen Klischees und typische Pubertätshorrormuster, da kommt einem einiges bekannt vor. Aber gewaltig gegen Obrigkeiten und Einschränkungen, für Freiheiten, für Frauenrechte, für Instinkt und die Power aus unserem Inneren. So schmalzig und blöd sich das auch anhört. Es funktioniert. Wir folgen am malaysischen Dschungelrand einer jungen Schülerin, die eigentlich Freundinnen hat, nicht unglücklich wirkt und nicht überdurchschnittlich viel gehänselt wird. Doch als sie die Erste ist, bei der die Periode einsetzt und sich noch ganz andere Dinge körperlich verändern, schüttelt das ihre Welt und ihre soziale Stellung gehörig durch…

„Carrie“ mit Krallen und Kopftuch?

Horror und Pubertät gehen Hand in Hand. Horror und Rebellion gegen Staat, Unterdrückung und Regeln gehen Hand in Hand. Horror und der Kampf für weibliche Freiheit gehen Hand in Hand. Horror und die animalische Anziehung der Tierwelt gehen Hand in Hand. All das bringt der malaysische Horrorbeitrag „Tiger Stripes“ unter einen Hut. Oder eine Burka? Dieser gesellschaftskritische Bodyhorror kommt einem Befreiungsschlag für das malaysische Genrekino gleich. Leichte Seitenhiebe auf die scheinheiligen, übertrieben religiösen Sitten und Institutionen. Auch das Internet, Influencer und die sozialen Medien kriegen ein, zwei augenzwinkernde Kratzer ab, vor allem mit einem der unfähigeren Exorzisten seit langem, dienen gleichzeitig aber auch als Möglichkeit der Entfaltung und Freiheit für Mädchen, denen das im heimatlichen Alltag einengend, ungesund und für uns unverständlich verboten wird. Doch vor allem geht's um junge Frauen, deren innere Tiger nicht mehr zu halten sind. Nicht von Riten oder Quacksalbern, nicht von Schule, Religion oder gegenseitigem Mobbing, nicht von Eltern oder der eigenen Scham. „Tiger Stripes“ ist eine runde Sache, unterstützenswert und hat einen energischen Technopuls ohne zu hip oder hysterisch auszuarten.

Burka Snaps?

Fazit: Sympathische Coming-of-(R)Age-/Bodyhorror-Variante mit verständlicherweise Wut im Bauch und Haaren auf den Zähnen. Nicht sehr horror, hart oder explizit. Aber mit Exotikbonus und sensationellen Jungdarstellerinnen. Man spürt die Eingeengtheit der Frauen, ihren Ruf und Drang nach Freiheit, die gesellschaftliche und kulturelle Ungerechtigkeit, etwas so Natürliches zu unterdrücken und zu verpönen in jeder Minute. Könnte ich irgendwann als Teil der Criterion Collection sehen.

war im Residenz, Köln

Herr_Kees * 5.5

Rrrriot Girls

Als die rebellische Zaffan als erste in der Clique ihre Periode bekommt, wird sie von allen ausgegrenzt und übel gemobbt. Doch nicht nur der Hass der anderen macht ihr zu schaffen, auch ihr Körper verändert sich auf unangenehme Weise. Konfrontiert mit Selbstekel, Verunsicherung und ihrer repressiven Umgebung entscheidet sie sich schließlich, ihrer Natur zu folgen – und das Animalische in ihr zuzulassen.

Der mit massiver europäischer Unterstützung produzierte Film darf in seinem malaysischen Herkunftsland gar nicht gezeigt werden. Zu offensichtlich ist die Metaphorik der jungen Wilden, die mit den Konventionen bricht und sich zu ihrer Stärke bekennt – und das als Frau!

So simpel wie die Symbolik sind auch die „Makup-Effekte“ des Films, die Entscheidung für eine spielerische „Verwandlung“ war angesichts des Budgets bestimmt besser als peinlich-billige B-Movie-Masken.

Fazit: Eine Female Empowerment-Parabel mit einem Hauch von CARRIE, interessantem Lokalkolorit, guten Darstellerinnen, fetzigem Soundtrack und wichtiger Botschaft – als Genrefilm nur bedingt tauglich.

war im EM, Stuttgart

24 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Tiger Stripes
  • Score [BETA]: 71
  • f3a.net: 5.3/10 24
  • IMDb: 6.6/10
  • Rotten Tomatoes: 100%
  • Metacritic: 65/100
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-09-14 11:46

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