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Review White Bird in a Blizzard

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Grandioses, gefühlsstarkes, Retro-Fest.
von Alexander

Die Mutter der 17jährigen „Kat“, zauberhaft gespielt von Shailene Woodley, verschwindet 1988 ausgerechnet zu einer Zeit, als Kat mit ihren Hormonschüben und den Problemen die eine Pubertät nun mal mit sich bringt, reichlich überfordert, und der schlaffe Vater keine Hilfe ist. In Rückblenden auf der Psychiater-Couch erfahren wir mehr über die Vergangenheit der Familie und erleben eine Eva Greene in der Performance ihres Lebens als sexuell frustrierte „Rabenmutter“, das einem der Mund offen stehen bleibt.

Was die Mutter zu wenig bekommt hat die Tochter reichlich, und der Film trieft an allen Ecken und Enden vor Erotik. Shailene Woodley spielt die fast nicht wiederzuerkennende, aber ebenso beeindruckende Eva Greene so bezaubernd gegen die Wand, das man gar nicht anders kann als dahinzuschmelzen. Das ist Frauenpower in Reinkultur.

Weitere Ablenkung verschaffen ihre schillernden Freunde und Besuche in Gothic-Clubs, sowie die passende Musik dazu.
Und diese Musik ist wichtig für den Film und muss in diesem Zusammenhang einfach gesondert erwähnt werden.

Wenn man gegen Mitte/Ende der 80er Jahre als Teenager nämlich eine schlimme coming-of-age Phase durchmachen musste, hatte man zumindest den Trost, sich aus einem hervorragenden Angebot wunderbarer New Wave und Gothic-Rock - Musik seinen persönlichen Depri-Soundtrack zusammenzustellen zu können, zu dem man dann seinen Weltschmerz pflegen konnte. Als ganz großer Fan dieser Musikrichtung und Mensch mit damals ähnlichen Problemen wie die junge „Kat“, ging mir beim wirklich liebevoll zusammengebauten Soundtrack des Films so richtig das Retro-Herz auf.

Nicht nur das die auch im letztjährigen „Haunter“ obligatorische Grufti-Band „Siouxsie & The Banshees“ mit einem Track vertreten ist, nein, es musste natürlich der für einen Gregg Araki – Streifen mehr als angemessene Song-Gigant „Dazzle“ sein, und zwar in der ultrararen extended Glitter-Maxi-Fassung, welche im Film nicht nur an- sondern sogar fast ausgespielt wird! Daneben gibt es zu den Szenen immer passende und häufig lange Einspielungen von New Order, Depeche Mode, The Cure sowie einen zauberhaften und ebenfalls aus den 80ern stammenden Track der „Cocteau Twins“ mit dem dieses Meisterstück des diesjährigen FFF auch eröffnet wird, und deren Gitarrist Robin Guthrie sogar namentlich bereits im Vorspann erwähnt wird. Das ich sowas noch mal erleben durfte.

Neben dem vielleicht schönsten Soundtrack des Jahres baut Araki auch anderweitig eine unverwechselbare „Eighties“ Stimmung auf, die Melancholie steckt in dutzenden Details, sei es das „Erazerhead“ Poster im Plattenladen, das ultrakultige „This Mortal Coil“ T-Shirt von Kat, oder ihr Freund, der auf einer original ATARI 2600 Game Konsole den damaligen Arcade Hit „Missile Command“ spielt. Vom restlichen Set-Design fang ich lieber erst gar nicht an zu sprechen, damit das hier nicht ausufert.

Fast ist es eine Schande das ausgerechnet dieser zauberhafte Film nicht wiederholt wird. Man müsste ihn schon deshalb ein 2. Mal sehen, um sich erst mal in Ruhe auf all die übrigen Kunstwerke konzentrieren zu können, mit denen in jeder 2. Szene die Wände dekoriert sind.

Neben der optisch und musikalisch opulenten Ausstattung bekommen wir dann eine mehr als spannende Geschichte präsentiert, die sich mit einigen Rückblenden und Zeitsprüngen versehen, sogar zu einem kleinen Mysterystück entwickelt. Dies alles geschieht in einem wundervoll bebilderten Rahmen, ist voller Dialogwitz, gefühlsstarken Momenten mit viel Sensibilität für die Psyche eines Teenagers und tollen Einfällen garniert. In manchen Szenen fühlt man sich an die frühen Romane von „Brett Easton Ellies“ erinnert, doch „White Bird in a Blizzard“ ist viel subtiler und emotionaler, weniger oberflächlich und in vielen Szenen sogar richtig witzig.

Und wenn ich bedenke das ich vor dem heutigen Tage noch gar kein Gregg Araki Fan gewesen und diesen Film beinahe versäumt hätte, krieg ich Gänsehaut. Für so ein rauschendes Kinofest gibt es von mir dann volle 10 Schneekristalle.

46 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

White Bird in a Blizzard
  • Score [BETA]: 65
  • f3a.net: 6.8/10 46
  • IMDb: 7.1/10
  • Rotten Tomatoes: 71%
  • Metacritic: 51/100
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-03-28 15:13

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