s The Woman (2011) Review - Fantasy FilmFest Mobil
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Reviews The Woman

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Reviewer

landscape S * 8.0

Dieser Review enthält SPOILER!

Zivilisation, Zähmung, Triebunterdrückung...

... das sind die Themen die behandelt werden.
Der Anwalt hat jedenfalls den Sonnenschein im Gesicht und die Finsternis im Blut. Sein autoritäres Regiment zuhause wird nach und nach sichtbar, und die Idee, eine wilde Frau mit Gewalt in die Zivilisation zu holen, scheint von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Und lange geht es auch nicht gut, zuviele Brüche sind innerhalb der Familie - man ahnt bald, daß irgendjemand über kurz oder lang die wilde Frau befreien oder töten wird. Aber wie es sich entwickelt, ist unvorhersehbar und düster.
Kein Trash-Film wie der Trailer vermuten läßt, der Film nimmt sich viel Zeit für die Charakterisierung und Verortung der einzelnen Personen.

war im Cinemaxx 4, Hamburg

D.S. * 7.5

Im Menschen-Keller

THE WOMAN ist die Verfilmung des gleichnamigen dritten Teils von Jack Ketchums Kannibalen-Trilogie, der in Deutschland im Dezember 2011 veröffentlicht werden wird - unter dem dämlichen Titel „Beuterausch", der aber natürlich zu den Vorgängertiteln „Beutezeit" und „Beutegier" passt (im Original „Off Season" und „Offspring").

Sie schließt in der Handlung nahtlos an OFFSPRING an: Die einzige Überlebende der Kannibalen-Sippe, eine junge, namenlose Frau, ist ihren Häschern schwer verletzt entkommen und schleppt sich durch die Wälder Maines. Dankenswerterweise wurde mit Pollyanna McIntosh auch dieselbe Hauptdarstellerin gewählt.

Trotz dieser Verbindungen ist THE WOMAN ein vollkommen anderer Film als OFFSPRING: Während jener sich auf das Abfeiern von Thrill und Gore bei leider jämmerlicher Regie- und Kameraarbeit konzentriert, geht es THE WOMAN in erster Linie um den Subtext seiner Erzählung. Das ist auch naheliegend, denn allzu viel Handlung wird eigentlich nicht geboten:

Ein manisch-autoritärer Schleimbeutel von Anwalt und Familienvater stolpert bei einem Jagdausflug über das titelgebende Fräulein. Er fängt sie und kettet sie im Keller seines Hauses an - mit dem Ziel, ihr Benimm und „Zivilisation" einzuimpfen. Zu diesem Zweck spannt er auch seine Frau und ältere Tochter ein, die sich widerwillig bis angeekelt fügen, sowie seinen Sohn. Dem man die Geilheit beim Gedanken an eine Haussklavin förmlich am Gesicht ablesen kann. Nicht nur hier fühlt man sich übrigens an AN AMERICAN CRIME oder auch THE GIRL NEXT DOOR (in Deutschland bekannt als „EVIL") erinnert - letzteres nebenbei ebenfalls eine Ketchum-Verfilmung.

Der Hauptteil des Films beschäftigt sich in der Folge mit der Schilderung der familiären Situation unter dem Eindruck des „Gastes" im Keller. Dabei erweist sich Lucky McKee erneut als herausragender Regisseur: Alleine schon durch eine Sequenz mit Portraitaufnahmen der weiblichen Familienmitglieder, unterlegt von sehr genau ausgewählter Musik, zeichnet er ein so eindringliches Bild von Unterdrückung, Angst und Selbstaufgabe, dass man am liebsten mit gezückter Pistole in den Film hineinmarschieren und den Quell allen Übels eigenhändig beseitigen möchte.

Leider aber ist McKee als Roman- und Drehbuch-Co-Autor Ketchums nicht ebenso talentiert: Es ist nicht das einzige Problem von THE WOMAN, dass er vor einem Übermaß an Subtext kaum noch laufen kann, seine Handlung also deutlich unterentwickelt wirkt. Viel schlimmer ist, dass dieser Subtext so unglaublich laut und plump erscheint, dass jede vermutlich gute Absicht fast schon ins Alberne abdriftet.

Zum einen geht es dabei um das Spannungsfeld „Natur-Moral vs. Zivilisation", zum anderen natürlich explizit um den „Geschlechterkampf". Höchst interessante Themen, die im Kontext einer Story wie dieser reichlich Potential für Charakter- und Handlungsentwicklung bieten - aber leider nicht im Ansatz ausgeschöpft werden. Sprich: In THE WOMAN herrscht Schwarz-Weiß-Zeichnung bis zum Extrem, gibt es keinerlei Evolution seitens Mensch oder Sujet, wird die Botschaft der Erzählung auf metergroßen Bannern permanent unübersehbar vor sich her getragen.

Im letzten Drittel schließlich degradiert sich der Film dann fast auf Schund-Niveau. Die Handlung nimmt nun endlich an Fahrt auf, schmeißt dabei aber plötzlich jeden Respekt vor sich selbst und vor Logik über Bord. Ich will nicht spoilern, aber hier kommen plötzlich derart überdrehte und inhaltlich vollkommen überflüssige Story-Devices zum Einsatz, hier verhalten sich bislang zwar überzeichnete, aber absolut rollentreue Charaktere mit einem Mal so unglaubwürdig und gegen ihr Profil, dass man sich nahezu wie in einem Schnelle-Mark-Roman von Stephen King fühlt. Billigster Horror-Nonsens, wie aus dem Nichts.

All das ist extrem schade, denn THE WOMAN ist (bis dahin) glänzend inszeniert und eröffnet einen tiefen, verstörenden Blick in ein Wertesystem, das weiten Teilen unserer Gesellschaft zweifellos nach wie vor zugrunde liegt - wenn es auch selten so explizit zum Ausdruck kommt. Der Film verhebt sich jedoch zwischen letztendlich zu platter Sozialkritik und Genre-Trash und ist deshalb nicht im Entferntesten das, was er hätte sein können.

Dennoch mehr als einen Blick wert, allein schon der schauspielerischen Leistungen wegen. 7,5 Punkte sind für mich aber das Maximum.

saß im Metropolis 8, Frankfurt

Timo * 5.5

Boys will be boys

Leider entfaltet THE WOMAN nie das Potential, welches in ihm schlummert. Im Prinzip möchte der Film gerne feministisches Unterdrückungskino sein, weiß aber sehr wohl, dass er sich in der Rape & Revenge Ecke besser verkaufen lässt. Und so fühlt sich der Film auch an. Es wird zu Beginn eine fabelhafte Welt kreiert, die einzig und allein auf Sick- und Weirdness setzt. Die Strukturen und Bindungen in der portraitierten Familie sind so dermaßen "out of space", dass man sie schwer nachvollziehen kann. Dies ist auch der Grund, weshalb sich in der Hälfte ein gewaltiger Bruch ergibt. Charaktere und Handlung agieren viel zu comicartig, als dass man sie später wirklich ernst nehmen könnte, wenn die Figuren sich plötzlich dafür entscheiden, alte Muster zu hinterfragen. Und am Ende muss natürlich auch die Splatterkiste erneut weit geöffnet werden. Dies ergibt dann auch das Bild, welches dem Zuschauer von THE WOMAN im Kopf bleibt: halbnacktes Gekröse, nicht aber das gesellschaftskritische Psychogramm, das der Film selbst gerne wäre und sogar hätte sein können. Denn THE WOMAN ist hervorragend inszeniert und musikalisch untermalt. Und vor der schauspielerischen Leistung der Hauptdarstellerin bekommt man(n) Angst.

Erstveröffentlichung

verweste im Metropolis 8, Frankfurt

FFFler * 7.5

Do we really gonna keep her?

Habe diese Jack-Ketchum-Verfilmung leider ohne Kenntnis des recht unbekannten Vorgängers (Offspring; zu deutsch: Beutegier) gesehen, aber dieser Film hat es mir duchaus angetan. The Woman zeigt das Leben einer dysfunktionalen Familie mit herrschsüchtigem Oberhaupt. Dieser stößt bei der Jagd im Wald auf eine verwilderte Frau, fängt diese kurzerhand ein und beschließt, sie mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu zivilisieren. Dabei schreckt er (und auch sein Sohn) nicht vor drastischen und sadistischen Mitteln zurück (die Gorehounds werden durchaus zufrieden sein); sehr zur Missbilligung von Ehefrau und Tochter. Mehr soll an dieser Stelle nicht verraten werden, denn der Film verteilt doch nicht gerade wenige Schläge in die Magengrube, bietet überzeugende Charakterentwicklungen, ist, besonders von Sean Bridgers, hervorragend gespielt und hervorragend in Szene gesetzt (was für ein toller Musikeinsatz). The Woman ist sicherlich keine leichte Kost und nicht unbedingt für schwache Nerven. Freue mich schon auf Sichtung des leider angeblich ziemlich miesen Vorgängers.

Erstveröffentlichung

glotzte im Cinemaxx 7, Berlin

GeorgeKaplan * 6.0

Am Abgrund

THE WOMAN sieht anfangs aus wie die Horrorversion von Francois Truffauts WOLFSJUNGE. Ein verwilderter Mensch soll zurück in die Zivilisation kommen. Mit dem Unterschied, dass hier die Zivilisation dem Horror gleichkommt. Denn wer noch Jack Ketchum’s Vorgänger EVIL vor Augen oder besser sogar gelesen hat, der weiß, was mit der Frau im Keller geschehen wird.

Doch während Ketchum noch in EVIL die große Kunst beherrschte, bei der Beschreibung der Gewalt einerseits wirklich vor nichts halt zu machen, andererseits aber den Horror jederzeit vorstellbar zu lassen, überspannt er bei THE WOMAN den Bogen deutlich. In der Folge verkommt THE WOMAN dann leider zum Ende hin zu einer ziemlich gewöhnlichen Gewaltorgie bei den Backwoods nebenan, die ob ihrer Härte durchaus punktet und einschlägig unterhält, aber damit auch den anspruchsvollen Ansatz zu Beginn einfach mal in der Kloschüssel runterspült.

Genau betrachtet deutet sich das bereits schon früh an. Nachdem McKee seine Figuren sorgfältig einführt, werden sie ihm zunehmend egal. Spätestens nach der ersten Hälfte hätten seine Charaktere entweder ihr Handeln hinterfragen oder wesentlich zwingender eingebunden werden müssen. Stattdessen überbieten sie sich gegenseitig mit einer kaum zu ertragenden Passivität und einer völligen, gegenseitigen Fehleinschätzung. Nach meiner Einschätzung verrät er damit auch den feministischen Anspruch, den er vermeintlich vertritt. Selbst der anfangs gelungene Einsatz der Songs wird zunehmend belangloser, bis der Eindruck entsteht, hier solle McKees Lieblingsband Gelegenheit haben, ein neues Album komplett vorzustellen.

Das alles ist sehr schade, denn bis zu einem gewissen Zeitpunkt blieb immer noch die Möglichkeit, das Ruder herumzureißen. Das tut der Film auch, leider - oder eben in voller Absicht - in Richtung Abgrund.

goutierte im Cinedom 9, Köln

mdbnase * 8.5

Wild Wild Woman

Habe den Vorgänger auch nicht gesehen, das ist aber auch gar nicht so wichtig, denn 'The Woman' funktioniert auch als eigenständiger Film. Es beginnt relativ langsam und die einzelnen Figuren werden eingeführt. Von Beginn an herrscht eine seltsame Stimmung, auch wenn die Familie idyllisch zusammen zu leben scheint. Trotzdem sind alle Familienmitglieder (ausgenommen die unschuldige jüngste Tochter) von Problemen geplagt und mit überzeichneten Charaktereigenschaften ausgestattet. Diese übernehmen immer mehr die Überhand, ohne dass es die Familie zu merken scheint. Dabei werden deren Handlungen immer bizarrer und exzessiver, während die Gemüter nach außen hin meist gelassen, fast resigniert, wirken. Das Outing wird gemächlich entwickelt, um am Ende in einem großen Knall komplett auseinander zu bersten. Diese Entwicklung wird sehr ruhig, manchmal fast zu ruhig, dafür aber mit umso mehr Zynismus umgesetzt. Auch die Gewaltschraube zieht sich immer mehr an und mündet im folgerichtig blutigen Exzess. Die Filmmusik wird dabei wirkungsvoll eingesetzt, ebenso wie die ruhigen Kamerafahrten und die satten Farben. Großartig auch die schauspielerischen Leistungen. Allen voran Pollyanne McIntosh als Wilde und Sean Bridgers als Familienvater. Zum Ende hin wird der Film ungemein brutal (auch wenn es zwischendurch auch schon die eine oder andere deftige Szene zu sehen gibt) und schockt durch völligen Kontrollverlust. Leider wirkt das Ende auf mich etwas unglaubwürdig und raubt dem Film an Intensität. Einen Bruch in den Handlungen der Protagonisten sehe ich nicht, sondern eine konsequente Steigerung ins Krankhafte. Die Wilde dient dabei als Auslöser bzw. Katalysator der Katastrophe. Manch einer mag - angeregt vom seltsamen Ende - darin einen feministischen Ansatz sehen, was mir allerdings schwer fällt. Beiderlei Geschlecht wird nämlich nicht unbedingt positiv dargestellt, aber beide eben auf eine andere Art. Ich sehe eher den Ansatz einer Zivilisationskritik, bei der es um Moral, Scheinheiligkeit (der Vater ist auch Gerichtsangestellter) und Abhängigkeit bzw.das Ausgeliefertsein geht.
Der Film fesselt jedenfalls und hält uns einen häßlichen Spiegel vor. Gefasst in tolle Bilder, intensive Stimmungen und bestialische Gewalt. Mit einem ordentlichen Ende würde man daher schon an der 10 kratzen.

goutierte im Metropol 1, Stuttgart

glorrk * 8.5

Der Vater einer Familie, die nach außen hin intakt zu sein scheint, nach innen jedoch vollkommen zerissen ist, fängt im Wald eine in der Wildnis lebende Frau, die er domestizieren will....

Der Film entwickelt sich sehr langsam und ruhig, neben der Frau im Fokus wird auch intensiv die kaputte Familie gezeigt. Die Charaktere werden gut gezeichnet insgesamt und kommen glaubhaft rüber. Doch zum Ende hin kommt es zur Eskalation...

...ja, und die letzten zwei Minuten trüben ein wenig den Gesamteindruck, denn auch bei einer kranken Grundidee möchte man ein Ende, das diesen gesamten Eindruck nicht überzeichnet oder ins Lächerliche zieht.

Trotzdem ein sehr gelungener Film. Ansehen!

8,5 von 10 abgebissenen Ringfingern.

war im Cinema, München

zombee * 6.5

Wild Family ...

Meine "Vorschreiber" haben schon zum Inhalt weitgehend alles erzählt. Im Vordergrund steht weniger die wilde Frau aus dem Wald als die wilde Familie und ihre unausgesprochenen Probleme miteinander und mit der übrigen Welt. Die schauspielerische Leistung ist hervorzuheben, denn alle Charaktere agieren recht realistisch und glaubwürdig, auch wenn nicht immer "normal". Insbesondere der Vater kann überzeugen. Ihm nimmt man das, was er im Film verkörpert, ganz gut ab.

Ich habe den Film aber insgesamt nicht ganz so positiv gesehen, auch wenn er wirklich auch bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Etwas gestört hat mich, dass bei Schluss einer Szene häufig die Personen nichtssagend eingeblendet blieben, um den Eindruck einer nachdenklichen oder deprimierten Person zu vermitteln. Hier hätte ich mir etwas mehr Substanz in der Darstellung oder Aussage gewünscht. Die depressive Grundstimmung im Film (die natürlich Absicht war) und die Tatsache, dass eigentlich kaum eine Person wirklich sympathisch rüber kam, hat leider auch etwas den Gesamteindruck geschmälert. Ich denke, man hätte dass Thema genauso intensiv darstellen können, wenn man als Zuschauer mit sympathischeren Figuren etwas mehr mitfiebern kann.
Auch die Special Effects waren eher mäßig, aber das steht nicht im Vordergrund, weil für den Film nicht entscheidend. Wenn man sie einsetzt, sollten sie aber handwerklich gut gemacht sein.
Dennoch in Summe ein Film, der zwar gewisse Längen und unnötige Passagen beinhaltet, aber die Spannung bis zum Schlussakt konsequent steigert und ein Ende bereithält, das für Diskussionsstoff sorgt. Kann man sich ansehen, ist aber kein Highlight des FFF und bleibt eher wegen seines Inhalts in Erinnerung als wegen seiner filmischen Qualität.

staunte im Cinema, München

75 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

The Woman
  • Score [BETA]: 71
  • f3a.net: 7.7/10 75
  • IMDb: 6.5/10
Bewertungen von IMDb werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-26 17:40

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