s X (2022) Review - Fantasy FilmFest Mobil
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Reviewer

Leimbacher-Mario * 8.0

„X“ Gonna Give It To You!

Mit „X“ verbindet bekennender Genrenerd Ti West Sex mit Gewalt, Porno mit Horror, Retro mit der ganz persönlichen Zukunft, das Filmemachen mit dem brachial gescheiterten American Dream, das Altern mit dem (oft verdrängten) Schrecken, den es mit sich bringt. Kann der Kultregisseur (?) mit diesem grieseligen Throwback an seine bisher unerreichte Glanztat „House of the Devil“ anknüpfen? Erzählt wird jedenfalls von einer mehr oder minder motivierten Filmcrew Ende der 70er und ihrem ländlichen Dreh des womöglich/wenn es nach ihren Träumen geht nächsten großen Pornoding à la „Deep Throat“. Doch schnell gerät das bunte Treiben zu einem Albtraum aus Schweiß, Falten, Blut und Tränen…

„X“ ist ein simpler Slasher - zumindest gemessen an seiner obersten Schicht. Harte Spitzen, gruselige Rentnerkiller, viele Nods zu Klassikern. Vom Kettensägenmassaker bis zu Jasons Gezische auf der Tonspur, von Fulcis Nagel bis zu Kubricks Tür. Dreckig und düster, sexy und siffig, ernst und doch in den richtigen Momenten dezent augenzwinkernd, knackig und flott (trotz äußerst unblutiger erster Hälfte). Leichte „Suburban Gothic“-Vibes. Witziges Gepoppe. Atmosphärisch und allerliebst. Soundtrack zum Niederknien. Zeitgeist getroffen. Guckt man dann jedoch noch genauer hin und etwas hinter die stylische Fassade, kommen schnell sehr viele Gedanken(anstöße) zum wechselseitigen Thema Alter und Sex, Attraktivität und Frust, Enthaltsamkeit und Lust, Jugend und Tod. Muss nicht, aber kann. Und nimmt man gerne als Bonus. Wo A24 dran steht, muss ja zumindest etwas A24 drin sein. Insgesamt bin ich jedenfalls sehr zufrieden mit „X“. Selbst wenn er nicht ganz an „House of the Devil“ reicht. Aber das ist auch einer meiner absoluten Lieblinge und eine hohe Messlatte. An „X“ würde ich jedenfalls genüsslich im TV zur späten Stunde hängen bleiben - oder wäre das zumindest vor 20 Jahren, als man noch Fernsehen geguckt hat…

Fazit: Genauso intelligenter wie intimer, ekliger wie erogener Slasher, der alte und neue Schule exzellent verbindet. Bahnhofskino von heute. Gewollt, gekonnt und durchdacht trashig. „Direkt-in-den-Schrank-stell-Soundtrack“. Bezaubernde Ladies. Tiefergehende Gedanken. Brutale, rigorose Gewalteruptionen. Sogar Krokoaction. Wat willste mehr?! Ti Wests Rechnung und Talent gehen hier vollkommen auf. Der Mann macht zu wenig!

war im Residenz, Köln

D.S. * 7.5

Live fast, die old

TEXAS CHAINSAW trifft elevated Horror, augenzwinkernden bis ausgelassenen Humor und echten Sleaze: nicht unbedingt die wahrscheinlichste Mischung und auch keine, bei der man davon ausgehen musste, dass sie funktionieren würde – erst recht nicht unter der Regie von Ti West, der ja bereits einige prinzipiell sehr interessante Stoffe auf die Leinwand gebracht hat, bislang jedoch fast immer den nötigen Punch bzw. die letzte Konsequenz in der Umsetzung sowie eine gewisse narrative Zielstrebigkeit hatte vermissen lassen. Unter dem prestigeträchtigen Banner von A24 ist es ihm mit X nun allerdings tatsächlich gelungen, eine richtig runde Sache abzuliefern: Ein Stück feine Kinounterhaltung, die sowohl über interessante Charaktere als auch über ausreichend Gore und harte Handlungshöhepunkte verfügt, um das Genrepublikum zu beglücken – und daneben auch noch einiges Intelligentes zu sagen hat, was den Film zu mehr als einem bloßen Stück dreckigen Spaßes macht.

Dabei geht es auf den ersten Blick um den klassischen Konflikt zwischen großstädtischen jungen Menschen mit „lockerer“ Moral und religiös-prüden Hinterwäldlern, also das zentrale Sujet aller Backwoods-Slasher. Stück für Stück wird hier jedoch offenbar, dass noch ein ganz anderes Thema eine entscheidende Rolle spielt. Und allein das schon hebt X deutlich von der durchschnittlichen Genreware ab. Mindestens ebenso sehr tut das allerdings die fantastische filmische Umsetzung, bei der neben dem sehr authentischen Spät-70er-Jahre-Produktionsdesign die Kamera sowie vor allem der extrem narrative Schnitt herausstechen.

Unterm Strich bekommt der Zuschauer bei X somit deutlich mehr geboten, als es die bloße Inhaltsangabe vermuten lässt: Ein kleines Filmteam mietet ein heruntergekommenes Farmhaus in der Einöde von Texas, um dort einen – möglicherweise – etwas anspruchsvolleren Porno zu drehen. Letzteres wird von ihrem Vermieter, einem steinalten Redneck, jedoch überhaupt nicht goutiert, und schon bald müssen Cast und Crew um ihr Leben bangen… Sicher, diese Handlung wird uns dargeboten, und zwar alles andere als schlecht. Wobei es ein Weilchen dauert, bis der Horror- bzw. Gore-Aspekt eine größere Rolle spielt. Bis es soweit ist, können wir uns an den farbenfrohen Charakteren und ihrer guten Chemie untereinander ergötzen – sowie an einer immer stärker ins Befremdliche kippenden Atmosphäre. Letztendlich steckt jedoch mehr zwischen den Zeilen als nur eine tödliche Kreuzung aus Sex und Kills, welche nebenbei einige eherne Genreregeln auf den Kopf stellt. Da ist etwa der ewige Widerstreit zwischen Alt und Jung zu nennen, der hier zu ungewöhnlich tiefgreifenden Verwerfungen führt…

Die Handlung (und speziell der Dialog) ist somit der echte Star des Films, aber auch die Darsteller:innen können überzeugen. Herausragend ist wie meistens Mia Goth, die in einer Doppelrolle große Wandlungsfähigkeit beweisen kann. Nicht zuletzt ihretwegen kann man sich sehr auf das Prequel PEARL freuen, das bereits abgedreht ist und noch dieses Jahr ins Kino kommen soll.

Kurz gesagt: Mit X hat Ti West einen so smarten wie harten, so unterhaltsamen wie intelligenten Horrorfilm abgeliefert, der auf seine volle Länge großartig funktioniert und niemals langweilt. Chapeau an Rosebud. Gute 7,5 von 10 Punkten.

glotzte im Harmonie, Frankfurt

Herr_Kees * 7.0

Texas Pornstar Massacre

Ti West kann Atmosphäre, das hat er von THE HOUSE OF THE DEVIL über THE INNKEEPERS bis THE SACRAMENT gezeigt. X atmet nun nicht nur die Atmosphäre seiner Zeit (Texas 1979), sondern auch die der Sex- und Horrormovies dieser Ära.

Insbesondere Tobe Hoopers TEXAS CHAINSAW MASSACRE und EATEN ALIVE werden liebevoll zitiert, aber auch die Mutter (...) des modernen Horrorfilms, Hitchcocks PSYCHO, wird ausgiebig gewürdigt. Natürlich nicht so platt wie beispielsweise in der HATCHET Reihe, sondern mit Klasse.

Denn dies ist eine Produktion des renommierten Arthouse-Studios A24 (THE VVITCH, THE GREEN KNIGHT, IT COMES AT NIGHT). Wie viele A24-Filme ist allerdings auch X bisweilen so stilverliebt, dass er ein bisschen langweilt.

So bekommen wir in der ersten Hälfte eine ausführliche Figureneinführung ohne echte Charakterisierung (also sehr genretypisch), ein paar hübsche „authentische“ Sexszenen, die schlau mit Spannungsszenen gegengeschnitten werden, interessante angerissene Subtexte zu Alter, Vergänglichkeit und Begierde, aber eben auch eine Version von Fleetwood Macs „Landslide“ auf der Akustikklampfe in voller Länge.

Das ist schon alles stimmig und stimmungsvoll, das Tempo zieht jedoch erst in der zweiten, der „Horrorhälfte“ an. Dort gibt es dann eher „business as usual“ ohne größere Überraschungen und auch ohne wirkliche Spannung. Allerdings ist Mia Goth, nur mit einer Jeanslatzhose und Lederstiefeln bekleidet, schon eine Schau für sich. ***SPOILER***Bemerkenswert und kaum zu fassen, dass sie gleichzeitig die Figur der Pearl verkörpert.

Fazit: Ein schöner Retro-Film zum Schwelgen für Genrefans, der zwar nichts neu oder großartig anders macht, aber wenigstens mal Rob Zombie und seinen DEVIL‘S REJECTS zeigt, wo der Hammer hängt.

Das Prequel PEARL ist bereits im Kasten.

war im EM, Stuttgart

30 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

X
  • Score [BETA]: 83
  • f3a.net: 7.3/10 30
  • Rotten Tomatoes: 96%
  • Metacritic: 79/100
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-03-28 17:14

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