Reviewer
Leimbacher-Mario * 6.0
Mobmentalität aus Mittlerem Osten
„Zalava“ ist ein sehr ungewöhnlicher Exorzismuscurveball aus dem Iran, der eher gesellschaftliche, menschliche und religiöse Themen und Töne trifft, anstatt mit dämonischen Schocks aufzuwarten… Hier kommt ein sehr besonnener, moderner und maskulin wirkender Sergeant in ein abgelegenes Zigeunerdorf, wo es anscheinend dramatische Besessenheiten gibt und ein junges Mädchen aufgrund dieser Gruppendynamik und Panik schon tödlich die Klippe runtergefallen ist…
„Zalava“ ist ein sehr ruhiger, menschlicher, spannender und bodenständiger Film. Man darf kein Spektakel erwarten, ganz und gar nicht. Wenn man auf monströse Katzen oder verdrehte Köpfe schielt, werden solche Erwartungen hier gekonnt unterlaufen und ad absurdum geführt. Understatement. Ganz klar eine Stärke von „Zalava“, keine Enttäuschung. Mehr als nur „mal etwas anderes“. Der Protagonist und Held ist eine hervorragende Identifikationsfigur. Das iranische Dorfsetting wirkt frisch und noch nicht abgenutzt. Die Bewohner erinnern an eine bizarre Mischung aus angsteinflößend und frustrierend, aus bekannt und unbekannt, aus „Resident Evil 4“ und einer Travestieshow. Der Ausgang ist frustrierend, aber wohl leider authentisch. Und all das lässt sich super auch auf westliche Mobs und Schreigesellschaften übertragen. Traurig. Wahrer Horror. Nur eben wie gesagt, bitte keine Krallen und roten Augen in der Dunkelheit erwarten.
Fazit: Bringt seinen Punkt klar rüber, genießt Exotenbonus, liefert zwei charismatische Starpotenziale und ist auch uns hier im Westen viel näher als man denkt. Selbst wenn sich in unseren Breitengraden die Dämonen und Lynchmobs wohl eher digital zusammenrotten…
„Zalava“ ist ein sehr ruhiger, menschlicher, spannender und bodenständiger Film. Man darf kein Spektakel erwarten, ganz und gar nicht. Wenn man auf monströse Katzen oder verdrehte Köpfe schielt, werden solche Erwartungen hier gekonnt unterlaufen und ad absurdum geführt. Understatement. Ganz klar eine Stärke von „Zalava“, keine Enttäuschung. Mehr als nur „mal etwas anderes“. Der Protagonist und Held ist eine hervorragende Identifikationsfigur. Das iranische Dorfsetting wirkt frisch und noch nicht abgenutzt. Die Bewohner erinnern an eine bizarre Mischung aus angsteinflößend und frustrierend, aus bekannt und unbekannt, aus „Resident Evil 4“ und einer Travestieshow. Der Ausgang ist frustrierend, aber wohl leider authentisch. Und all das lässt sich super auch auf westliche Mobs und Schreigesellschaften übertragen. Traurig. Wahrer Horror. Nur eben wie gesagt, bitte keine Krallen und roten Augen in der Dunkelheit erwarten.
Fazit: Bringt seinen Punkt klar rüber, genießt Exotenbonus, liefert zwei charismatische Starpotenziale und ist auch uns hier im Westen viel näher als man denkt. Selbst wenn sich in unseren Breitengraden die Dämonen und Lynchmobs wohl eher digital zusammenrotten…
glotzte im Residenz, Köln
D.S. * 5.5
Der Mensch ist des Menschen Dämon
„So archaisch wie THE WITCH, so sinister wie MIDSOMMAR und atmosphärisch ganz nah an den Gothic-Klassikern eines Mario Bava“, steht im Programmheft – ich würde sagen, hier ist Rosebud in ganz alte Zeiten zurückgefallen und hat dem Konzept „overpromise to the max“ zu neuem Leben verholfen. An MIDSOMMAR gemahnt hier gar nichts, Gothic-Atmosphäre ist im für die Handlung zentralen Wüsten-Bergdorf nicht vorhanden und archaisch ist man zwar tatsächlich unterwegs – jedoch nicht im Sinne eines THE WITCH, der auch für das Publikum die Grenzen zwischen Aberglauben und Intellekt durchlässig werden lässt, durch die Ratio desorientierende Geschehnisse unsere „wissenschaftliche“ Verortung in der Welt sabotiert, uns in gewisser Hinsicht auf unsere Urinstinkte zurückwirft. Nein, in ZALAVA müssen wir unsere (hoffentlich) nüchterne Betrachtung der Realität niemals aufgeben, können distanzierter Beobachter des Geschehens bleiben, das sich lediglich handlungsseitig in die Sphären von Menschen begibt, die auf zutiefst archaische Weise auf ihre Umgebung und ihre Erlebnisse reagieren; die sich geradezu inbrünstig an ihren Aberglauben, an religiös verbrämten Irrsinn klammern, statt ihren Ängsten auch nur simpelste Anflüge von Logik entgegenzusetzen.
Dabei wäre ein solches Schüren falscher Erwartungen, ein Kult-Horror-Namedropping gar nicht nötig gewesen, um ZALAVA eine Relevanz bei potentiell an exotischeren Genrebeiträgen interessierten Zuschauern zu verschaffen. Tatsächlich hat dieser iranische Film nämlich ganz in sich selbst einiges zu bieten, das ihn für ein aufgeschlossenes Publikum spannend macht. Insbesondere ist das seine so clever wie bitter universale Aussage über die Manipulierbarkeit des Menschen, seine so leicht hervorzukitzelnde Mob-Mentalität, den schmalen Grat zwischen Angst und Hass – das Irrationale, Tierische, Monströse im Menschen. Ja, in der hier dargebotenen Handlung erleben wir all das in einem explizit archaischen, ungebildeten, ultimativ provinziell-zurückgebliebenen Umfeld. Doch es ist offensichtlich, dass sich das Geschehen 1:1 auf unsere „Fake News“-Gegenwart beziehen lässt; dass die Trumps, Putins, Wodargs etc. pp. und ihr erfolgreiches Hetzen mit gemeint sind – Populismus, das Verleugnen von Fakten, das Appellieren an die niedersten Instinkte im Menschen, das Aufhetzen der Massen gegen alles, was sich simplen Erklärungsmustern verweigert: Wissenschafts-, Intellekt-, schlussendlich Menschenfeindlichkeit. Was uns hier als tragische Konsequenz einer irrationalen Angst vor Dämonen vorgeführt wird, ist eine nur zu offensichtliche Allegorie auf die weltweit wieder zunehmende Bedrohung des gesunden Menschenverstandes durch das „gesunde Volksempfinden“.
ZALAVA ist deshalb definitiv ein wertvoller Film, bei dessen Sichtung man sich durchaus auch selbst ertappen und seine eigene potentielle Reaktion auf gruppendynamische Prozesse wie die hier vorgeführten erörtern und hinterfragen kann. Macht ihn das auch zu einem unterhaltsamen Film? Leider nur bedingt. Hat man den eher „pädagogischen“ Ansatz einmal verinnerlicht, zieht sich das dargebotene Geschehen doch nicht unerheblich – und im Grundsatz ahnt man recht bald, worauf das alles hinauslaufen wird. Akademisch bleibt es zwar von vorne bis hinten interessant, speziell für Soziologen und Psychologen, unmittelbar fesselnd ist es handlungsseitig nach der Etablierung der Lage aber nur noch selten. Zu zäh, zu überraschungsarm. Knallharten Genrefans schließlich hat das Ganze, wenn man ehrlich ist, sowieso nur sehr wenig zu bieten. Zu offensichtlich wirkt dafür die inhaltliche Positionierung des Films, zu eindeutig, tja, rational bzw. aufklärerisch sein Ansatz. Die Ambiguität etwa eines DEMON (White Nights 2015) bekommen wir hier nicht geboten.
Ein wichtiger, ein kluger Film. Jedoch leider keiner, der mir persönlich viel Freude bereitet hat. Rein rational (hah!) gibt’s deshalb von mir eine klare Empfehlung. Als Besucher eines Festivals des Phantastischen aber ehrlicherweise nur nüchterne 5,5 von 10 Punkten.
Dabei wäre ein solches Schüren falscher Erwartungen, ein Kult-Horror-Namedropping gar nicht nötig gewesen, um ZALAVA eine Relevanz bei potentiell an exotischeren Genrebeiträgen interessierten Zuschauern zu verschaffen. Tatsächlich hat dieser iranische Film nämlich ganz in sich selbst einiges zu bieten, das ihn für ein aufgeschlossenes Publikum spannend macht. Insbesondere ist das seine so clever wie bitter universale Aussage über die Manipulierbarkeit des Menschen, seine so leicht hervorzukitzelnde Mob-Mentalität, den schmalen Grat zwischen Angst und Hass – das Irrationale, Tierische, Monströse im Menschen. Ja, in der hier dargebotenen Handlung erleben wir all das in einem explizit archaischen, ungebildeten, ultimativ provinziell-zurückgebliebenen Umfeld. Doch es ist offensichtlich, dass sich das Geschehen 1:1 auf unsere „Fake News“-Gegenwart beziehen lässt; dass die Trumps, Putins, Wodargs etc. pp. und ihr erfolgreiches Hetzen mit gemeint sind – Populismus, das Verleugnen von Fakten, das Appellieren an die niedersten Instinkte im Menschen, das Aufhetzen der Massen gegen alles, was sich simplen Erklärungsmustern verweigert: Wissenschafts-, Intellekt-, schlussendlich Menschenfeindlichkeit. Was uns hier als tragische Konsequenz einer irrationalen Angst vor Dämonen vorgeführt wird, ist eine nur zu offensichtliche Allegorie auf die weltweit wieder zunehmende Bedrohung des gesunden Menschenverstandes durch das „gesunde Volksempfinden“.
ZALAVA ist deshalb definitiv ein wertvoller Film, bei dessen Sichtung man sich durchaus auch selbst ertappen und seine eigene potentielle Reaktion auf gruppendynamische Prozesse wie die hier vorgeführten erörtern und hinterfragen kann. Macht ihn das auch zu einem unterhaltsamen Film? Leider nur bedingt. Hat man den eher „pädagogischen“ Ansatz einmal verinnerlicht, zieht sich das dargebotene Geschehen doch nicht unerheblich – und im Grundsatz ahnt man recht bald, worauf das alles hinauslaufen wird. Akademisch bleibt es zwar von vorne bis hinten interessant, speziell für Soziologen und Psychologen, unmittelbar fesselnd ist es handlungsseitig nach der Etablierung der Lage aber nur noch selten. Zu zäh, zu überraschungsarm. Knallharten Genrefans schließlich hat das Ganze, wenn man ehrlich ist, sowieso nur sehr wenig zu bieten. Zu offensichtlich wirkt dafür die inhaltliche Positionierung des Films, zu eindeutig, tja, rational bzw. aufklärerisch sein Ansatz. Die Ambiguität etwa eines DEMON (White Nights 2015) bekommen wir hier nicht geboten.
Ein wichtiger, ein kluger Film. Jedoch leider keiner, der mir persönlich viel Freude bereitet hat. Rein rational (hah!) gibt’s deshalb von mir eine klare Empfehlung. Als Besucher eines Festivals des Phantastischen aber ehrlicherweise nur nüchterne 5,5 von 10 Punkten.
saß im Harmonie, Frankfurt
18 Bewertungen auf f3a.net
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Bewertungen
Zalava
- Score [BETA]: 69
- f3a.net: 5.3/10 18
- IMDb: 6.5/10
- Rotten Tomatoes: 88%