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Review The Blair Witch Project

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Somethin’ like a Phenomenon
von Leimbacher-Mario

Mein Alter war zwar gerade erst zweistellig geworden, doch ich kann mich an den Hype um "Blair Witch Project" Ende der 90er noch zu gut erinnern. Camping wurde wieder spannend, Horror wurde wieder pur, wir rannten mit Videokamera in den Wald und machten unsere eigene Version - halb Horror, halb Parodie, ganz Fun mit Freunden. Egal, was man von dem Film hält - das war einmalig & lange nicht mehr gesehen. Die Spanne zwischen Umsatz & Budget war nie größer, die Idee so genial & atmosphärisch, so günstig & leicht umzusetzen, dass der Neid aller fast genauso groß wie der Respekt zu sein schien.

Fast 20 Jahre später sprießen Found-Footage-Schinken noch immer wie Pilze aus dem Boden - leider erreichen nur die allerwenigsten ansatzweise die Klasse dieses Horrormeilensteins. "Rec", "Cloverfield", die "VHS"-Reihe oder "The Sacrament" wären da zu nennen. Vielleicht noch so manch ein "Paranormal Activity" oder "Chronicle". Doch das Gros ist grottig. Nur eben leicht zu produzieren & auch für Amateure auf die Beine zu stellen. Mit Wehmut guckt man da heutzutage auf die Hexe aus den Wäldern von Maryland zurück...

Natürlich funktioniert "BWP" heutzutage nicht mehr so gut wie damals, allein aufgrund des fehlenden Mysteriums & der Flut an Handheld-Kamera-Müll, die uns mitgerissen hat. Noch dazu ist er super langsam aufgebaut & würde gerade der aktuellen Generation von Kindern nur noch wenig Angst machen, eher unfreiwillig schläfrig oder gar komisch wirken. Doch wenn man die Geduld aufbringt, damals dabei war & den Film im richtigen Augenblick einlegt - in der richtigen Stimmung, nachts & alleine -, dann muss man ihn einfach schätzen & sein Genie anerkennen.

So hässlich war ein Horrorhit optisch schon lange nicht mehr - und das hilft der ausweglosen, panischen Atmosphäre nur. Dazu in relativ spontane Situationen geworfene Amateur-Darsteller, die den Film nicht nur teilweise nervig & hysterisch machten, sondern vor allem extrem authentisch. Wenn nach diesem Grusler etwas am Campingzelt kratzte, dann war das einfach nicht mehr so harmlos wie vorher. "Blair Witch Project" veränderte Popkultur & Horrorfilmwelt gleichermaßen. Und unser Denken. Unsere Ängste.

Die Angst an sich steht hier im Mittelpunkt. Angst vorm Verlorengehen, Urängste vor der Dunkelheit, dem Wald oder mystischen Legenden von menschenfressenden Hexen. Alles spielt sich im Kopf ab, man sieht nichts, der Payoff bleibt so gut wie aus - und trotzdem baut sich bei wenigen Filmen im letzten Drittel bei mir so konstant eine Gänsehaut & ein wohliges Schmunzeln auf. Da hinken beide, sehr unterschiedliche, Fortsetzungen weit hinterher.

"Blair Witch Project" ist weit mehr als nur eine clevere Marketing-Blaupause - doch geschadet hat die Story natürlich nicht. 60.000 $ Budget stehen 250 Mio. $ Einspiel gegenüber - genug gesagt! Lässt sich nicht mehr wiederholen, lässt sich schwer wieder holen & war ein einmaliger Moment im Horrorzirkus - Zeitzeugen werden ihn nie vergessen. Selbst wenn er damals schon polarisiert hat. Sehen musste ihn trotzdem jeder. Ausnahmslos. Sie wurden Zeugen der Zurückführung des Horrors auf seine Grundzüge - ohne Show, Spektakel oder Effekte. Große Show außenrum, kleine Show als Film. Ironisch. Ikonisch.

Fazit: wer sich umdreht oder lacht, kriegt den Buckel voll gemacht... und hat sehr wenig Ahnung von guten Horrorfilmen ;-). "Blair Witch Project" ist weder der Urvater des Found Footage (das war "Cannibal Holocaust") noch der Hypestarter für die noch immer anhaltende Welle dieses verpönten Subgenres (die "Ehre" gehört "Paranormal Activity") - trotzdem ist die mysteriöse Hexensuche DER Found-Footage-Horror & war damals ein echter Geniestreich, seiner Zeit weit voraus. Der Kaiser würde sagen: We call it a Klassiker!

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The Blair Witch Project
  • f3a.net: 7.3/10 37
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-26 10:30

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