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Review Excess Flesh

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Schwer zu verdauen
von D.S.

Was STARRY EYES für die Filmbranche war, ist EXCESS FLESH für die Welt der Mode und Models, zumindest auf den ersten Blick: eine bittere Anklage ihres zynischen Menschenbildes, verpackt in eine böse Satire, die an Blut und vor allem Ekel kaum spart. Interessanterweise spielen beide in LA, und beide stellen junge Frauen in den Handlungsmittelpunkt, die bereit sind, für ihren Karrieretraum alles zu opfern – im Zweifelsfall auch sich selbst.

Wo STARRY EYES aber die Klischeekeule auspackt und irgendwann nur noch wirkt wie die plumpe Abrechnung eines ein paar Mal zu oft abgelehnten Drehbuchautors mit dem „System Hollywood“, ist EXCESS FLESH deutlich vielschichtiger, ernsthafter – und ernstzunehmender. Letztlich stehen die Modebranche und die von ihr konstruierten Zwänge hier auch gar nicht so konkret im Vordergrund; sie dienen nur als ideales Symbol einer gesellschaftlichen Geisteshaltung, in welcher der Schein alles ist und das Sein kaum mehr eine Rolle spielt.

Eine solche Geisteshaltung produziert Arschlöcher, die auch noch umso erfolgreicher sind, je mieser sie sich verhalten. Wie etwa Jennifer, die archetypische sexy Bitch, die als Model arbeitet und in einer WG mit Jill zusammenlebt. Jill ist ein bisschen zu rundlich, schüchtern und unsicher; das klassische Opfer. Attraktive Menschen umgeben sich ja gerne – oft sicherlich auch eher unbewusst – mit den weniger „Perfekten“, um im direkten Vergleich noch mehr glänzen und sich selbst besser fühlen zu können. So ist das auch hier, und Jennifer verletzt und demütigt Jill dabei aus Desinteresse an ihr als Person und aus Verachtung für ihre Schwächen in einem fort aufs Gröbste – bis diese endlich zurückschlägt. Es ihr heimzahlt. Und ihre unterdrückten Neurosen dabei immer exzessiver auslebt...

EXCESS FLESH ist ein unglaublich intensives Stück Kino, das sich auf ziemlich clevere Weise mit Essstörungen, ihren Ursachen und Folgen auseinandersetzt. Hinter dem in wahnhafter Rache eskalierenden Psychoduell zweier Freundinnen, das der Trailer verheißt, steckt in Wirklichkeit sehr viel mehr, und das entfaltet sich bei fortschreitender Laufzeit auf ziemlich drastische Weise. Die beiden Hauptdarstellerinnen gehen dabei schauspielerisch bis ans Limit und darüber hinaus – sie portraitieren zwei furchtbar anstrengende Persönlichkeiten derart glaubwürdig, dass es mitunter ganz schön weh tut. Ja, ihr Verhalten zerrt oftmals an den Nerven, ist nicht unmittelbar nachvollziehbar, oft gar widerlich. Aber so und nicht anders ist das auch im realen Leben mit Menschen, die an Zwangsstörungen leiden.

Zwar erweist sich nicht jede Überraschung, die uns der Film im Verlauf seiner Handlung präsentiert, als so überraschend, wie es vermutlich geplant war. Und in einigen Punkten werden die Hinter- und Beweggründe der Protagonistinnen sicher ein Stück zu sehr verdichtet und simplifiziert. Das macht sie allerdings nicht weniger schmerzhaft eindrucksvoll – zumal sie auf filmisch sehr hohem Niveau inszeniert werden: Bei allen ekligen Situationen und unangenehmen Wesenszügen, die wir hier präsentiert bekommen, ist EXCESS FLESH in Sachen Bild- und Tongestaltung weitestgehend pure Ästhetik.

Mit rauschhaften Traumsequenzen, fiebrigem Soundtrack und oft grandios komponierten Bildern wird der Film auf stilistischer Ebene zu einem Erlebnis, das in seiner Intensität die der Story optimal unterstützt. Sicherlich sehr anstrengend und im wahrsten Sinne des Wortes schwer zu verdauen. Aber definitiv ein Film, den man nicht so schnell vergisst. Deshalb knappe 7 Punkte von mir.

guckte im Cinestar, Frankfurt

38 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Excess Flesh
  • Score [BETA]: 52
  • f3a.net: 3.6/10 38
  • IMDb: 6.7/10
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-26 16:46

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