s Excess Flesh (2015) Review - Fantasy FilmFest Mobil
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Reviews Excess Flesh

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Reviewer

D.S. * 7.0

Schwer zu verdauen

Was STARRY EYES für die Filmbranche war, ist EXCESS FLESH für die Welt der Mode und Models, zumindest auf den ersten Blick: eine bittere Anklage ihres zynischen Menschenbildes, verpackt in eine böse Satire, die an Blut und vor allem Ekel kaum spart. Interessanterweise spielen beide in LA, und beide stellen junge Frauen in den Handlungsmittelpunkt, die bereit sind, für ihren Karrieretraum alles zu opfern – im Zweifelsfall auch sich selbst.

Wo STARRY EYES aber die Klischeekeule auspackt und irgendwann nur noch wirkt wie die plumpe Abrechnung eines ein paar Mal zu oft abgelehnten Drehbuchautors mit dem „System Hollywood“, ist EXCESS FLESH deutlich vielschichtiger, ernsthafter – und ernstzunehmender. Letztlich stehen die Modebranche und die von ihr konstruierten Zwänge hier auch gar nicht so konkret im Vordergrund; sie dienen nur als ideales Symbol einer gesellschaftlichen Geisteshaltung, in welcher der Schein alles ist und das Sein kaum mehr eine Rolle spielt.

Eine solche Geisteshaltung produziert Arschlöcher, die auch noch umso erfolgreicher sind, je mieser sie sich verhalten. Wie etwa Jennifer, die archetypische sexy Bitch, die als Model arbeitet und in einer WG mit Jill zusammenlebt. Jill ist ein bisschen zu rundlich, schüchtern und unsicher; das klassische Opfer. Attraktive Menschen umgeben sich ja gerne – oft sicherlich auch eher unbewusst – mit den weniger „Perfekten“, um im direkten Vergleich noch mehr glänzen und sich selbst besser fühlen zu können. So ist das auch hier, und Jennifer verletzt und demütigt Jill dabei aus Desinteresse an ihr als Person und aus Verachtung für ihre Schwächen in einem fort aufs Gröbste – bis diese endlich zurückschlägt. Es ihr heimzahlt. Und ihre unterdrückten Neurosen dabei immer exzessiver auslebt...

EXCESS FLESH ist ein unglaublich intensives Stück Kino, das sich auf ziemlich clevere Weise mit Essstörungen, ihren Ursachen und Folgen auseinandersetzt. Hinter dem in wahnhafter Rache eskalierenden Psychoduell zweier Freundinnen, das der Trailer verheißt, steckt in Wirklichkeit sehr viel mehr, und das entfaltet sich bei fortschreitender Laufzeit auf ziemlich drastische Weise. Die beiden Hauptdarstellerinnen gehen dabei schauspielerisch bis ans Limit und darüber hinaus – sie portraitieren zwei furchtbar anstrengende Persönlichkeiten derart glaubwürdig, dass es mitunter ganz schön weh tut. Ja, ihr Verhalten zerrt oftmals an den Nerven, ist nicht unmittelbar nachvollziehbar, oft gar widerlich. Aber so und nicht anders ist das auch im realen Leben mit Menschen, die an Zwangsstörungen leiden.

Zwar erweist sich nicht jede Überraschung, die uns der Film im Verlauf seiner Handlung präsentiert, als so überraschend, wie es vermutlich geplant war. Und in einigen Punkten werden die Hinter- und Beweggründe der Protagonistinnen sicher ein Stück zu sehr verdichtet und simplifiziert. Das macht sie allerdings nicht weniger schmerzhaft eindrucksvoll – zumal sie auf filmisch sehr hohem Niveau inszeniert werden: Bei allen ekligen Situationen und unangenehmen Wesenszügen, die wir hier präsentiert bekommen, ist EXCESS FLESH in Sachen Bild- und Tongestaltung weitestgehend pure Ästhetik.

Mit rauschhaften Traumsequenzen, fiebrigem Soundtrack und oft grandios komponierten Bildern wird der Film auf stilistischer Ebene zu einem Erlebnis, das in seiner Intensität die der Story optimal unterstützt. Sicherlich sehr anstrengend und im wahrsten Sinne des Wortes schwer zu verdauen. Aber definitiv ein Film, den man nicht so schnell vergisst. Deshalb knappe 7 Punkte von mir.

staunte im Cinestar, Frankfurt

Herr_Kees * 5.5

Dicke Freundinnen

Man kann EXCESS FLESH wohl am besten als Experimentalfilm beschreiben: Fressorgien, kompulsives Kotzen, Selbstbestrafung und Vergewaltigungsfantasien werden uns hier – zumeist in Großaufnahme und mit verzerrter Tonspur – zunächst ohne erkennbares nennenswertes narratives Element präsentiert. Erst am Ende ergibt sich ein schlüssiges Gesamtbild, das den Film in einem anderen, insgesamt deutlich interessanten Licht erscheinen lässt; bis dahin ist er eine Tour de Force für die Schauspielerinnen – und für den Zuschauer.

war im Metropol, Stuttgart

ArthurA * 3.5

Fucked-up, but not in a good way

Excess Flesh entzieht sich eigentlich jeder Genrezuordnung oder Beschreibung. Die Themen der Isolation und natürlich der leider immer noch sehr verbreiteten Essstörungen bindet der Film einem unsubtil auf die Nase und an den beiden engagierten Darstellerinnen kann man dabei eigentlich nicht viel aussetzen. Gerade Mary Loveless als Unsympathin Jennifer enthüllt im Verlauf des Films überraschende Dimensionen ihrer Figur. Doch leider werden die guten Ansätze und die Schauspielerinnen in der überstilisierten, inkohärenten Inszenierung vergraben. Wir springen von einer Ess- und/oder Kotzorgie zur nächsten, währenddessen gibt es surreale Sequenzen in Jills verstörter Gedankenwelt, in denen vielleicht, vielleicht aber auch nicht interessante Plotelemente offenbart werden. Ab der zweiten Hälfte verliert sich der Film in solchen Szenen und ist dann weder schockierend noch eklig oder spannend, sondern einfach nur anstrengend, und das nicht auf die gute Mindfuck-Art und Weise.

Erstveröffentlichung

war im Residenz, Köln

Leimbacher-Mario * 5.5

Das große Fressen

Ich hatte nicht viel gegessen & eigentlich noch fest vor, auf dem Heimweg nach dem Midnighter des Fantasy Filmfests am Dienstag durch eine Kleinigkeit mein Magengrummeln zu zähmen. Ratet mal, was ich nach dem schockierenden & aufwühlenden "Excess Flesh" noch essen konnte & wollte: Nichts, Zero, Nada! Als Horrorfan schockt einen ja wenig, aber "Excess Flesh" geht tief in den Magen, hinterlässt wahrhaftig einen vielfältigen, üblen Nachgeschmack. Genau das war das Ziel der Modewelt- & Frauenideal-Kritik, genau das wurde erreicht!

Im Film geht es um eine 2er-Frauen-WG im Herzen von Los Angeles, der Stadt des Schönheitswahns & der Versachlichung der Frau. In dem Apartment wohnen zwei konträre Freundinnen, eine dicklicher & introvertiert, eine modelmäßig, zickig & extrovertiert. Beide scheinen aber gerne zu essen, haben dabei aber leider kaum Manieren, um es mal vorsichtig auszudrücken. Zwischen den zwei unterschiedlichen Persönlichkeiten ***SPOILER***(oder doch nicht? ;) entwickelt sich ein Psychoduell, in dem gefressen, gefickt & festgehalten wird. Bis dass der Tod uns fresset, oder so ähnlich!

Von der L.A.-Atmosphäre, dem genialen Soundtrack sowie seiner Gesellschaftskritik her erinnert der Film stark an den letztjährigen Überraschungshit "Starry Eyes", ist aber weitaus extremer, schockierender, schwerfälliger. Teilweise auch langweilig & zum Kopfschütteln, aber in seiner finalen Message & Gesamteindruck sicher ein Schocker der eigenen Art. Bei den Warnungen vor dem Film erwartete ich visuell zwar noch mehr Ekel & Brutalität, seine Sog- & Schockwirkung verfehlt er aber auch so nicht. Food-Horror pur. Horror durch & über eine der schönsten Nebensachen der Welt - muss man auch erstmal schaffen, gerade deswegen wichtig, nachhaltig, bedrückend! Gerade für Frauen eigentlich ein Must-See, auch wenn er teilweise gar etwas frauenfeindlich gedeutet werden kann, durch die Darstellung der zwei typischen, oft nervigen, psychisch kaputten Frauen - in extrem versteht sich! Ich bin sehr gespannt, was die FSK zu dem Film sagt, ist er doch kaum blutig, pervers oder hart im klassischen Sinne - und doch so verstörend & ekelerregend!

Der Film ist ein kaum verdaulicher Klotz - wie ein riesiger, verschluckter Kaugummi. Aber ein Kaugummi mit Message. Und die haut der Regisseur einem mit dem Brech-Eisen (Wortwitz!) um die Ohren. Ich habe sogar den Twist nicht vorhergesehen, obwohl im Nachhinein schon auffällig. Seltsam, normalerweise erkenne ich sowas sofort, hier haben mich wohl Stil, Thema & Optik extrem abgelenkt. Dann muss ich wohl nochmal durch den Film & ihn mir vielleicht kaufen! Zeitweise war ich gelangweilt auf Grund etlicher Wiederholungen, dann amüsiert auf Grund von (oft wahren) Vorurteilen gegenüber Frauen & der Gesellschaft, oft schockiert über Kau-Nahaufnahmen & wie widerlich das sein kann. Und immer war ich beeindruckt von dem Duo mampfernale - was die Darstellerinnen hier abliefern ist ähnlich massiv wie die Berge an Essen, die während der Dreharbeiten verputzt & benutzt wurden. Hut ab! Hunger habe ich aber immer noch keinen ;) Ein Wort noch zum pumpenden Style: sowohl Garage-Elektro-Chor-Musik-Mix als auch der Look & die visuellen Spielereien sind, trotz nicht allzu hohem Budget, meisterhaft & faszinierend. Schon allein deswegen ist der Film sehenswert. Wenn man alles auf sich wirken lassen kann & drin behält, gibt das zusammen eine Wirkung, die einem Tiefschlag nach einem Mäckes-Besuch gleicht!

Fazit: verstörend, künstlerisch herausfordernd, eklig, aber trotzdem kein wirklich leckeres Menü! Wichtig in seiner Aussage & wuchtig in seinem Stil aber sicher!

staunte im Residenz, Köln

MarxBrother81 * 3.0

Kotz dich dünn

WTF! Eine brechend würgende Satire auf menschliches Fehlverhalten, welche durch mediale Überpräsenz, objektive Urteile und windigem Zeitgeist gnadenlos bestimmt wird. Willkommen in der Jetztzeit! Guter Ansatz, aber schlecht gefilmt und unfreiwillig komisch, würde ich mal als Konsequenz sagen. Oft nur vulgär, langweilig, nervig und kaum stilistisch provokant. Auf die Sound-Betonung, die hauptsächlich aus Schmatz-, Stöhn- und Kotzgeräuschen besteht, wird hier großen Wert gelegt. Genauso wie auf ellenlange Monotonie und die unterirdisch sinnlose Dramaturgie der beiden WG-Bewohnerinnen, die weder künstlerisch, schauspielerisch noch inhaltlich das bieten was man als anspruchsvoller Zuschauer erwarten würde. Selbst aus subjektiver Sicht, mit dem toleranten Blick und dem positiven Aspekt eines B- oder Independent-Movies, wirkt das konfuse, sexistische Endprodukt nur wirr und einschläfernd auf den Betrachter. Pseudo-Moral hin oder her: Nach zwanzig Minuten weiß man, das Essstörungen nicht gut für Menschen sind und will endlich das Geschehen weiter voran schreiten sehen. Doch Pustekuchen! Die endlose Verblödung der Moral durch filmische Tristesse und öde Videoclipästhetik wird gnadenlos durch den Regisseur fortgesetzt. Außer man steht natürlich auf Torture Porn, der hier durch Food als Schwerpunkt ersetzt wird.
Welchem Genre dieser Film zugeordnet werden kann, kann ich leider nicht sagen! Wirklich keine Ahnung! Girl-Erotik-Komödie? Hot-Fress-Romanze? Wir foltern- bis-zum-Morgengrauen-Horror? Du frisst-ich füttere dich-Drama? Ich versteck dich- keiner sucht nach dir-Thriller? Findet es doch alleine heraus. Ich tu mir diese hirnrissige Zeitverschwendung kein zweites Mal mehr an. Mir war’s definitiv zu blöd. "Kleine Morde unter Freunden" im UnGesundheitswahn!

38 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Excess Flesh
  • Score [BETA]: 52
  • f3a.net: 3.6/10 38
  • IMDb: 6.7/10
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-20 01:26

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