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Review Imperium

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Im rechten Sumpf.
von Alexander

Es war nur eine Frage der Zeit bis sich ein Regisseur an dieses aufgrund politischer Entwicklungen mehr als aktuelle und hochbrisante Thema heranwagen würde. In einer Zeit, in der ultrarechte Gesinnungen erhöhten Zulauf verzeichnen, weil sie sich als „Gegenpol“ zu den in den Medien zwischenzeitlich leider täglich gezeigten fundamentalistisch geprägten Terroristen, Zuwanderungsströmen, religiösen Fanatikern und als diffus bedrohlicher Überfremdung verstehen.

Daniel Radcliffe wandelt sich in diesem beeindruckenden und auch bedrückendem Werk allmählich zu einem vormals den islamistischen Terror bekämpfenden FBI-Agenten, der den Großteil seiner Arbeitszeit in einem engen Büro verrichten muss, zu einem Undercover-Agenten, der nach intensiver „Einarbeitung“ in die rechte Szene eingeschleust wird und fortan seinen Dienst in der Mitte bedrohlich dargestellter Skinheads unter mehr als nur erschwerten Bedingungen leistet.

Diese Wandlung, als auch die schauspielerische Leistung unseres „Harry Potter“ Stars, sind ebenso bemerkenswert wie die in der ersten Hälfte des Films mit schnellen, harten Schnitten, sehr intensiven und nachhaltig wirkenden Bildern und einem brachialen Soundtrack unterlegte, ultrafiese und mehr als nur etwas beängstigende Grundstimmung von „Imperium“.

Bekommt es unser Agent anfangs „nur“ mit Bier saufenden Nazis zu tun, die fast zu sehr allen hinlänglich bekannten Klischees entsprechen, so taucht er allmählich immer tiefer in den Untergrund ein, bekommt Kontakte zum Ku Klux Klan und findet sich am Ende bei einer „ganz normalen“ Familie aus Suburbia wieder: Gepflegtes Vorstadthäuschen, adrett gekleidete Kinderchen mit eigenem Baumhaus, vegane Grillkost und rechtsradikale Gesinnung inklusive!

Es sind dann auch diese Szenen, die im ersten Moment besonders verstören, wenn man erkennen muss, dass es nicht die Skins mit ihren Springerstiefeln und Bomberjacken auf der Straße sind, die die eigentliche Gefahr im Land darstellen… sondern die vom FBI gejagten Überzeugungstäter im Untergrund, die ihr Zeichen setzen wollen. Und je länger man zuhört, desto besser versteht man auch die, in dieser Geschichte wirklich hervorragend abgebildete, Argumentationskette der Ultrarechten gegen die von ihr proklamierte Gefahr. Man kann dem Film natürlich vorwerfen, sich zu sehr auf die „Gefahr von Rechts“ zu konzentrieren und dabei die latente Bedrohung des Terrorismus der anderen Seite vollkommen außer Acht zu lassen. Die Geschichte hätte wohl nicht funktioniert, wenn sie sich dieser Diskussion hingeben würde, wir sind ja immer noch in einem Hollywoodfilm unterwegs, nicht in einer Talkshow.

Nach etwa einer halben Stunde des Films war ich mir fast sicher hier mal wieder volle 10 Punkte für eine filmische Höchstleistung vergeben zu wollen. Bedauerlicherweise hält „Imperium“ aber trotz des zuvor erwähnten Verzichts auf ermüdende, politische Diskussionen weder die anfangs im Stakkato auf den Betrachter nieder regnenden, bildgewaltigen Momente durch, noch schafft der Film es, den bedrückend aufgebauten Spannungsbogen in seiner Intensität wirklich durchgehend zu halten oder seine Geschichte in voller Konsequenz und der Vorgeschichte geschuldeten Brutalität zu Ende zu erzählen.

Die zuvor grandios aufgebaute Story hätte mit ihren Potential bietenden Nebenschauplätzen, den fein ausgearbeiteten, zahlreichen Charakteren und theoretisch machbaren Wendungen so vieles mehr an Möglichkeiten geboten, diesen Film zu einem der Geschichte geschuldeten Ende zu bringen, das nachhaltiger hätte ausfallen können, wenn die Produzenten nicht einmal wieder eine Zielgruppenzwangsdienstleistung in den Film hätten quetschen wollen. Das ist extrem schade, hier wurde der vielleicht beste Film des diesjährigen FFF für mich ein Stück weit verschenkt. Für die erste Filmhälfte gibt es von mir 10, für die zweite Hälfte 6 Punkte, macht also immer noch verdiente 8 Sternchen auf der Skala und eine echte Empfehlung.

49 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Imperium
  • Score [BETA]: 75
  • f3a.net: 6.8/10 49
  • Rotten Tomatoes: 90%
  • Metacritic: 68/100
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-23 19:32

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