Reviewer
landscape * 5.0
Dokudrama
Wie zu erwarten bleibt Snowtown dicht an den tatsächlichen Vorfällen in Snowtown dran, dankenswerterweise mit deutschen Untertiteln. Ganz folgen konnte ich trotzdem nicht, zu viel Personal...
Der white trash wurde gut eingefangen und dargestellt, es sind auch eindrucksvolle Bilder dabei, aber denn doch mehr Dokudrama als freie, übertriebene Darstellung à la Spun oder Black Snake Moon, was der Spannung zugute gekommen wäre. So ist es reine Bebilderung einer Story, ich hatte zwischendurch den Eindruck, daß noch eine tiefere Ebene aufgemacht wird, aber das war denn wohl doch ein Irrtum - es blieb bei der reinen Nacherzählung.
Ambitioniert, aber irgendwie nicht Fisch noch Fleisch.
Der white trash wurde gut eingefangen und dargestellt, es sind auch eindrucksvolle Bilder dabei, aber denn doch mehr Dokudrama als freie, übertriebene Darstellung à la Spun oder Black Snake Moon, was der Spannung zugute gekommen wäre. So ist es reine Bebilderung einer Story, ich hatte zwischendurch den Eindruck, daß noch eine tiefere Ebene aufgemacht wird, aber das war denn wohl doch ein Irrtum - es blieb bei der reinen Nacherzählung.
Ambitioniert, aber irgendwie nicht Fisch noch Fleisch.
war im Cinemaxx 3, Hamburg
Christian * 7.5
Deep in Down Under
Der Schlag in die Magengrube kam früh auf dem Hamburger Festival. Der auf Tatsachen basierende Snowtown dauert gefühlte 8 Stunden: Mal will man sich abwenden, mal will man "Stop" schreien, mal will man gehen (was ein paar Leute gemacht haben) und mal fragt man sich, warum man sich das gibt.
Snowtown zeigt Familie am Abgrund: Hier ist alles kaputt. Herbe Enttäuschungen, schlimmste Erniedrigungen und sexuelle Gewalt in ihrer ausgeprägtesten Form spiegeln sich. Tabus werden nicht nur gebrochen, sondern in ihrer totalen Verstörung zelebriert. Und immer wenn es nicht mehr schlimmer werden kann, folgt doch die nächste Eskalationsstufe. Die Suche nach Erlösung erfolgt bei Gott oder mündet in Selbstjustiz.
Snowtown ist sehr stimmig fotografiert. Der hämmernde Score nur sehr dosiert, aber zu Beginn und Ende wirkungsvoll integriert. Die Darsteller von absoluter Exzellenz, so dass das Gesamturteil nur positiv ausfallen kann.
Klasse Erstling! Aber nicht für Jedermann.
Snowtown zeigt Familie am Abgrund: Hier ist alles kaputt. Herbe Enttäuschungen, schlimmste Erniedrigungen und sexuelle Gewalt in ihrer ausgeprägtesten Form spiegeln sich. Tabus werden nicht nur gebrochen, sondern in ihrer totalen Verstörung zelebriert. Und immer wenn es nicht mehr schlimmer werden kann, folgt doch die nächste Eskalationsstufe. Die Suche nach Erlösung erfolgt bei Gott oder mündet in Selbstjustiz.
Snowtown ist sehr stimmig fotografiert. Der hämmernde Score nur sehr dosiert, aber zu Beginn und Ende wirkungsvoll integriert. Die Darsteller von absoluter Exzellenz, so dass das Gesamturteil nur positiv ausfallen kann.
Klasse Erstling! Aber nicht für Jedermann.
FFFler * 5.5
An intense look at Australia’s most infamous murders.
Der angebliche Downer des diesjährigen Filmfests handelt von einem Serienkiller bzw. dessen Umfeld und zeigt auf realistische Art und Weise fast schon als Milieustudie wie es in diesen Kreisen abläuft. An sich ein interessanter und wie ich finde auch origineller Ansatz, der im Gesamten jedoch nicht überzeugend ist. Trotz einer durchaus gelungenen Inszenierung (exemplarisch seien hier der gute Musikeinsatz und die beeindruckende letzte Szene genannt) hat der Film ein großes Problem mit seinen Figuren. Vielleicht mag es ja beabsichtigt sein, aber das Verhalten der Charaktere ist über weite Strecken einfach nicht nachvollziehbar und lässt den Zuschauer oftmals teilnahmslos vor der Leinwand sitzen. Diese Teilnahmslosigkeit schlägt dann, auch dank der extrem ruhigen Inszenierung, schnell in Langeweile um. Snowtown ist einer dieser Filme, bei dem ich ohne Probleme nachvollziehen kann, warum er bei vielen Zuschauern durchaus gut ankommt... mich hat er nur leider nicht erreichen können.
war im Cinemaxx 7, Berlin
Lord_Haelmchen * 5.0
Leerer Schlag in die Magengrube
Eine harte, teils überharte Milieustudie über einen Sohn, der einen Ersatzvater sucht und einen sadistischen Serienkiller findet. Das erinnert in seiner Beschreibung eines sozial vollkommen heruntergekommenen Viertels manchmal an "The Fighter", ohne aber auch nur den kleinsten Hoffnungsschimmer bereit zu halten. Die (Laien-)Darsteller sind hervorragend, die Musik ist eindringlich und doch mag sich keine Empathie zu den Figuren einstellen. Die wahren Ereignisse aus Australien nur 1:1 abzubilden, ist dann doch auf die Dauer zu wenig. Zumal die Motivation vor allem der Hauptperson überhaupt nicht klar wird...
war im Cinecitta' 3, Nürnberg
D.S. * 6.0
Ein mordsmäßig guter Freund
SNOWTOWN dreht sich um eine von 1992 bis 1999 anhaltende Serie von Morden in der Umgebung von Adelaide, die unter der Führung von John Justin Bunting begangen wurden und als „Snowtown Murders" oder „Bodies in Barrels Murders" in die Geschichte eingegangen sind - als die zweitschlimmste Mordserie Australiens.
Bunting war ein offenbar recht charismatischer und manipulativer Mann, der gleich mehrere Helfer um sich scharte und in seinem Umfeld Morde an Opfern wie seinen lautstark als „die richtige Lösung" propagierte: Schließlich brachte er zunächst vor allem angebliche Päderasten unter die Erde. Allerdings erweiterte er seine Zielfiguren bald um Homosexuelle, Drogensüchtige und schließlich jeden, der sich als Opfer finden ließ.
Im Mittelpunkt der wohl sehr akkuraten Abbildung der Geschehnisse in SNOWTOWN steht der zu Beginn der Handlung erst 14-jährige James Spyridon Vlassakis. Er ist einer von vier Söhnen von Elizabeth Harvey - eine dysfunktionale Unterschichtsfamilie ohne Vater, die James weder Halt noch Perspektive zu bieten hat. Nachdem er und seine beiden jüngeren Brüder von einem Nachbarn sexuell missbraucht worden sind, lernt seine Mutter Bunting kennen - der unter anderem durch Vergeltungsmaßnahmen gegen den Nachbarn das Herz und das Vertrauen von James gewinnt und für ihn nach und nach zu einer Vaterfigur wird. Bunting propagiert im Familien- und Bekanntenkreis bald offensiv drastische Aktionen gegen vermeintliche Kinderschänder und führt sie auch durch, wie sich herausstellt. Schließlich überzeugt er James davon, mitzumachen.
Am 21. Juni 2001 wurde James des Mordes in vier Fällen für schuldig befunden, darunter an seinem Halb- und seinem Stiefbruder.
Ein Junge wurde also von einem menschlichen Monster gezielt zu einem Serienmörder herangezogen - wenn das mal keine finster-spannende Vorlage für einen Film ist. SNOWTOWN entscheidet sich aber gegen eine dramaturgisch überhöhte Aufbereitung, gegen das Einbetten der Fakten in eine klassische Spielfilm-Handlung: die tatsächlichen Geschehnisse werden weitestgehend einfach nur chronologisch nachgestellt. Trotz des dreckig-realistischen Looks hat das Gezeigte aber dennoch keinen dokumentarischen Charakter, was zum einem dem auffälligen Sounddesign geschuldet ist und zum anderen der Tatsache, dass bestimmte Aspekte der wahren Geschichte ausgelassen, andere besonders betont werden.
Ist man jedoch nicht mit den authentischen Hintergründen des Falls vertraut, stellt einen SNOWTOWN phasenweise vor große Probleme. Oft informiert der Film den Zuschauer nicht darüber, an welchem Ort wir uns gerade befinden, wer warum anwesend ist und was dort überhaupt gemacht wird. Es wird mit Figuren von assoziierten Tätern und vor allem Opfern nur so um sich geworfen, Namen werden reihenweise ohne Kontext genannt - oft erschließt sich erst nach mehreren Minuten, worum es in der aktuellen Szenenfolge eigentlich geht, manchmal auch gar nicht. Vor der Sichtung des Films empfehle ich darum dringend einen Besuch bei crimelibrary.com oder wenigstens der Wikipedia, das erleichtert das Verstehen deutlich.
Der Grund für dieses filmische Vorgehen bleibt mir jedoch unklar, die Handlung erscheint so, auch dank mehrerer Zeitsprünge, gleichzeitig überladen und fragmentiert, viel zu schwer nachvollziehbar und in Teilen überflüssig.
Nichtsdestoweniger gelingt es dem Film, eine intensive Atmosphäre aufzubauen. Die Hauptfiguren des Real-Dramas werden sehr detailliert gezeichnet und darüber sehr lebendig gemacht - kein schöner Anblick, da sie fast ausnahmslos den Abschaum des Abschaums darstellen. Aber auch dieses Umfeld wiederum wird nachdrücklich in Szene gesetzt.
Mit dem Wissen, dass es sich um reale Geschehnisse handelt, entwickelt SNOWTOWN deshalb ein durchaus effektives, abstoßendes Gesamtbild, erlaubt einen intensiven Blick in tiefste menschliche Abgründe. Er erzählt seine Geschichte aber unnötig kompliziert, oft langatmig und nicht stringent genug, um über die lange Laufzeit hinweg Interesse aufrecht erhalten zu können - zumal er die Taten selbst fast ausnahmslos NICHT zeigt. Und auch die Gründe für die Faszination, die Bunting auf Vlassakis ausübte, werden nicht vollständig greifbar gemacht, vielleicht ist das aber auch gar nicht möglich.
Insgesamt fühle ich mich von SNOWTOWN zwar beeindruckt, aber auch unbefriedigt. Deshalb nur 6 Punkte.
Bunting war ein offenbar recht charismatischer und manipulativer Mann, der gleich mehrere Helfer um sich scharte und in seinem Umfeld Morde an Opfern wie seinen lautstark als „die richtige Lösung" propagierte: Schließlich brachte er zunächst vor allem angebliche Päderasten unter die Erde. Allerdings erweiterte er seine Zielfiguren bald um Homosexuelle, Drogensüchtige und schließlich jeden, der sich als Opfer finden ließ.
Im Mittelpunkt der wohl sehr akkuraten Abbildung der Geschehnisse in SNOWTOWN steht der zu Beginn der Handlung erst 14-jährige James Spyridon Vlassakis. Er ist einer von vier Söhnen von Elizabeth Harvey - eine dysfunktionale Unterschichtsfamilie ohne Vater, die James weder Halt noch Perspektive zu bieten hat. Nachdem er und seine beiden jüngeren Brüder von einem Nachbarn sexuell missbraucht worden sind, lernt seine Mutter Bunting kennen - der unter anderem durch Vergeltungsmaßnahmen gegen den Nachbarn das Herz und das Vertrauen von James gewinnt und für ihn nach und nach zu einer Vaterfigur wird. Bunting propagiert im Familien- und Bekanntenkreis bald offensiv drastische Aktionen gegen vermeintliche Kinderschänder und führt sie auch durch, wie sich herausstellt. Schließlich überzeugt er James davon, mitzumachen.
Am 21. Juni 2001 wurde James des Mordes in vier Fällen für schuldig befunden, darunter an seinem Halb- und seinem Stiefbruder.
Ein Junge wurde also von einem menschlichen Monster gezielt zu einem Serienmörder herangezogen - wenn das mal keine finster-spannende Vorlage für einen Film ist. SNOWTOWN entscheidet sich aber gegen eine dramaturgisch überhöhte Aufbereitung, gegen das Einbetten der Fakten in eine klassische Spielfilm-Handlung: die tatsächlichen Geschehnisse werden weitestgehend einfach nur chronologisch nachgestellt. Trotz des dreckig-realistischen Looks hat das Gezeigte aber dennoch keinen dokumentarischen Charakter, was zum einem dem auffälligen Sounddesign geschuldet ist und zum anderen der Tatsache, dass bestimmte Aspekte der wahren Geschichte ausgelassen, andere besonders betont werden.
Ist man jedoch nicht mit den authentischen Hintergründen des Falls vertraut, stellt einen SNOWTOWN phasenweise vor große Probleme. Oft informiert der Film den Zuschauer nicht darüber, an welchem Ort wir uns gerade befinden, wer warum anwesend ist und was dort überhaupt gemacht wird. Es wird mit Figuren von assoziierten Tätern und vor allem Opfern nur so um sich geworfen, Namen werden reihenweise ohne Kontext genannt - oft erschließt sich erst nach mehreren Minuten, worum es in der aktuellen Szenenfolge eigentlich geht, manchmal auch gar nicht. Vor der Sichtung des Films empfehle ich darum dringend einen Besuch bei crimelibrary.com oder wenigstens der Wikipedia, das erleichtert das Verstehen deutlich.
Der Grund für dieses filmische Vorgehen bleibt mir jedoch unklar, die Handlung erscheint so, auch dank mehrerer Zeitsprünge, gleichzeitig überladen und fragmentiert, viel zu schwer nachvollziehbar und in Teilen überflüssig.
Nichtsdestoweniger gelingt es dem Film, eine intensive Atmosphäre aufzubauen. Die Hauptfiguren des Real-Dramas werden sehr detailliert gezeichnet und darüber sehr lebendig gemacht - kein schöner Anblick, da sie fast ausnahmslos den Abschaum des Abschaums darstellen. Aber auch dieses Umfeld wiederum wird nachdrücklich in Szene gesetzt.
Mit dem Wissen, dass es sich um reale Geschehnisse handelt, entwickelt SNOWTOWN deshalb ein durchaus effektives, abstoßendes Gesamtbild, erlaubt einen intensiven Blick in tiefste menschliche Abgründe. Er erzählt seine Geschichte aber unnötig kompliziert, oft langatmig und nicht stringent genug, um über die lange Laufzeit hinweg Interesse aufrecht erhalten zu können - zumal er die Taten selbst fast ausnahmslos NICHT zeigt. Und auch die Gründe für die Faszination, die Bunting auf Vlassakis ausübte, werden nicht vollständig greifbar gemacht, vielleicht ist das aber auch gar nicht möglich.
Insgesamt fühle ich mich von SNOWTOWN zwar beeindruckt, aber auch unbefriedigt. Deshalb nur 6 Punkte.
verweste im Metropolis 8, Frankfurt
BuzzG
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„Snowtown" gehört zu jenen raren Stücken kontroversen Kinos, die es vermögen, ihr Publikum nicht durch das hochfrequente Abbilden expliziter Greueltaten zu schockieren, sondern dies vielmehr durch ihre durchgängig beunruhigende Stimmung bewerkstelligen. Oft sieht man die blutverschmierten Räume nach den Taten, aber direkt Zeuge eines Verbrechens werden wir lediglich einmal. Dieses ist dann so elend brutal und intensiv inszeniert, dass man hier keinesfalls weitere Beispiele verlangt.
...
Ein Film, der ein solches, reales Ereignis schildert, sollte sich auch real anfühlen. „Snowtown" ist so ein Ausnahmewerk. Die Ohnmacht Jamies im Bann des Bösen wird in den abschließenden Minuten in bedrückende Bilder verpackt. In einer vorherigen Szene nennt John Bunting das Töten eine australische Tradition. Am Ende führt sein Protégé ein letztes Opfer zu seinem Henker. Die scheinbar unendliche Weite dieses Landes wird einem dann schlagartig bewusst. Selbst wenn man wollte, wohin könnte man fliehen? Hier gibt es meilenweit nichts. Spannung. Ein pulsierender Soundtrack dringt aus den Boxen. Die Beute ist im Netz, aber der junge Jäger würde am liebsten nur rennen. Weg von all dem Grauen. Rennen - nur wohin?
„Snowtown" gehört zu jenen raren Stücken kontroversen Kinos, die es vermögen, ihr Publikum nicht durch das hochfrequente Abbilden expliziter Greueltaten zu schockieren, sondern dies vielmehr durch ihre durchgängig beunruhigende Stimmung bewerkstelligen. Oft sieht man die blutverschmierten Räume nach den Taten, aber direkt Zeuge eines Verbrechens werden wir lediglich einmal. Dieses ist dann so elend brutal und intensiv inszeniert, dass man hier keinesfalls weitere Beispiele verlangt.
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Ein Film, der ein solches, reales Ereignis schildert, sollte sich auch real anfühlen. „Snowtown" ist so ein Ausnahmewerk. Die Ohnmacht Jamies im Bann des Bösen wird in den abschließenden Minuten in bedrückende Bilder verpackt. In einer vorherigen Szene nennt John Bunting das Töten eine australische Tradition. Am Ende führt sein Protégé ein letztes Opfer zu seinem Henker. Die scheinbar unendliche Weite dieses Landes wird einem dann schlagartig bewusst. Selbst wenn man wollte, wohin könnte man fliehen? Hier gibt es meilenweit nichts. Spannung. Ein pulsierender Soundtrack dringt aus den Boxen. Die Beute ist im Netz, aber der junge Jäger würde am liebsten nur rennen. Weg von all dem Grauen. Rennen - nur wohin?
war im Cinedom 9, Köln
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Snowtown
- Score [BETA]: 67
- f3a.net: 5.8/10 49
- IMDb: 7.5/10