Menü

Review Starred Up

Finden

Unter Wölfen
von D.S.

Was für ein verdammter Schlag in die Magengrube! STARRED UP ist derartig intensiv, brutal, deprimierend und voller nur mühsam im Zaum gehaltener Wut, dass man sich nach der Sichtung am liebsten selbst erst mal an einem Sandsack austoben möchte – schiere schmerzhafte Aggression; ein Eintauchen mitten in die Hölle der Ausweglosigkeit eingesperrter Tiere; Hass, Gewalt, Vernichtung.

Wir befinden uns im „High Risk“-Flügel eines Männergefängnisses in Nordirland, bei den ganz harten Jungs, zu denen ab jetzt auch der gerade mal 19 Jahre alte Eric Love gehört – der als 10-Jähriger bereits einen Kinderschänder umgebracht hatte und seitdem sein ganzes Leben in Erziehungsanstalten und hinter Gittern verbracht hat. Das liegt scheinbar in der Familie, denn unter den Bewohnern von Erics neuem Zuhause ist sein Vater Neville: ein drahtiger Schläger mit psychopathischen Tendenzen, der sich aber durch eine Mischung aus Gewaltexzessen und dem cleveren Mitspielen bei Macht- und Korruptionsspielchen von Insassen und Wachpersonal allseitigen Respekt verschafft hat und heute einer der „Chefs“ des Flügels ist. So ganz scheint er nicht zu wissen, wie er mit der plötzlichen Anwesenheit seines nicht minder unzurechnungsfähig wirkenden Sohns und dem, was sie für die Knast-Hackordnung zu bedeuten hat, umgehen soll: Er begegnet ihm mit einer mal unbeholfen wirkenden, mal nicht nachvollziehbar aggressiven Interpretation seiner Vaterrolle; versucht ihn einerseits zu schützen, wirbt bei den wichtigen Leuten um Verständnis für und Nachsicht mit ihm, bemüht sich, ihm nahe zu kommen, nur um dann wieder vollkommen auszurasten und die unmittelbare körperliche Konfrontation mit ihm zu suchen.

In dieser Hinsicht ist er keinen Deut erwachsener als Eric, ist pure, ungezügelte, animalisch-instinktivste Emotion. Aber ohnehin scheint hier bei allen Gefangenen, ohne jede Ausnahme, eine äußerst kurze Zündschnur vorhanden zu sein. Ein falsches Wort, ein falscher Blick, und der Kessel explodiert. Brutalste Auseinandersetzungen, jeder gegen jeden, ohne echten Anlass, ohne Ziel, ohne Sinn... es brodelt ununterbrochen; die Atmosphäre ist fast unerträglich aufgeladen; regelmäßig kommt es zu wahren Gewaltexzessen, die unter „zivilisierten“ Menschen kaum vorstellbar wären. Fragt sich nur, wo es die gibt. Unter den Wärtern mit Sicherheit nicht... oder?

Sicher, es gibt viele Knast-Dramen, aber STARRED UP ist ziemlich einzigartig. Nicht nur der ungewöhnlichen Vater-Sohn-Konstellation wegen, nicht nur der mörderisch explosiven Atmosphäre wegen. Sondern vor allem, weil sich das alles auch noch schlicht unglaublich realistisch anfühlt. Die Darstellerleistungen sind überragend, insbesondere Jack O’Connell als Eric, der mir bislang vor allem als ähnlich tumb-instinktiver, aggressiver „Cook“ aus SKINS in Erinnerung geblieben war, spielt hier mit einer Intensität und rohen Direktheit, dass es einen glatt umhaut. Was gleich in mehrfacher Hinsicht zu seiner Rolle passt.

Gegen STARRED UP, der beim FFF übrigens dankenswerter Weise mit deutschen Untertiteln gezeigt wird, wirkt selbst Steve McQueens HUNGER fast schon wie eine fröhliche Pfadfinderballade. Wer ein so hohes Maß an ungeschönter Hoffnungslosigkeit, Körperlichkeit und Aggression ertragen kann, sollte ihn auf keinen Fall verpassen – definitiv eines der Drama-, Action- und Depri-Highlights dieses Jahr. 8 Punkte.

war im Cinestar, Frankfurt

33 Bewertungen auf f3a.net

Zurück

Bewertungen

Starred Up
  • Score [BETA]: 78
  • f3a.net: 6.1/10 33
  • IMDb: 7.5/10
  • Rotten Tomatoes: 98%
  • Metacritic: 79/100
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-25 14:20

Archiv Suche


oder ?