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Review Under the Shadow

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Licht und Schatten
von D.S.

Man braucht schon ein wenig Geduld und den Willen, sich auf die langsame Entfaltung von Atmosphäre einzulassen, um sich vom ersten im Iran produzierten FFF-Beitrag aller Zeiten einnehmen zu lassen. Ich gebe zu, dass ich zunächst durchaus Probleme hatte, mit dem Film warm zu werden – obwohl ich das tiefe Eintauchen in eine fremde Kultur und ihre gesellschaftlichen Normen grundsätzlich interessant fand, wartete ich erst vergeblich und dabei leicht enttäuscht auf Handlungshöhepunkte, zu denen es als solchen erst in der zweiten Hälfte der Laufzeit kommt.

Fast unmerklich legt sich jedoch eine mysteriöse Unbehaglichkeit über das Geschehen, die schließlich zu einer bedrohlichen Unsicherheit wird: Die Wahrnehmung der Hauptfigur ist über den weitesten Teil des Films ungefiltert auch unsere, und als sich Shideh irgendwann im Traum im Traum verliert, die Grenze zwischen Einbildung und Realität nicht mehr klar ausmachen kann, zieht diese unzuverlässige Wahrnehmung ganz unmittelbar auch uns den Boden unter den Füßen weg.

Im letzten Drittel führt diese atmosphärische Verdichtung dann geradewegs in einen fiebrigen Horrorrausch, wobei der bereits in mehreren Reviews erwähnte BABADOOK wohl tatsächlich der beste Vergleich ist. Auch einige effektive Jump-Scares kommen zum Einsatz, Herzstück des Ganzen bleibt aber die unentwirrbare, verunsichernde Verschmelzung von realer und Geisterwelt.

Visuell sieht das nicht unbedingt spektakulär aus – hier wurde mit sehr niedrigem Budget gearbeitet, die Produktionswerte sind entsprechend, die Effekte nicht beeindruckend. Im Rausch des intensiv inszenierten Filmfinales spielt das aber keine große Rolle mehr.

Über die soziokulturellen Aspekte der Story wurde von anderen bereits genug geschrieben; tatsächlich spiegelt sich wohl in der gesamten Handlungsentfaltung die problematische Veränderung der Rolle der Frau im Iran nach der "Kulturrevolution", die eine weitgehend progressive, liberal geprägte Gesellschaft rabiat in ein islamistisches Zerrbild zu verwandeln versuchte. Die mit westlichem Selbstverständnis aufgewachsene Großstädterin, der religiös verbrämt alle Freiheit und Kontrolle genommen werden soll – daran kann eine Psyche durchaus zerbrechen. An den Zermürbungstaktiken eines Dschinn allerdings auch.

Zunächst bedrückender Kultur-Exkurs, dann effektiver Grusler: Ein allemal hochinteressantes Werk, das sein volles Potential aber erst zuletzt entfaltet und vorher etwas Sitzfleisch braucht. Für mich gute 6,5 Punkte.

war im Cinestar, Frankfurt

50 Bewertungen auf f3a.net

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Bewertungen

Under the Shadow
  • Score [BETA]: 83
  • f3a.net: 7.2/10 50
  • IMDb: 7.7/10
  • Rotten Tomatoes: 100%
  • Metacritic: 84/100
Bewertungen von IMDb, Rotten, Meta werden zuletzt vor dem Festival aktualisiert, falls verfügbar!
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-26 15:13

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