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Review Vidocq

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Dieser Review enthält SPOILER!

Brilliant
von Holger

Was Regisseur Pitof hier ablieferte kann ich nur mit dem obigen Begriff versehen. Einer der besten und interessantesten Filme der letzten Zeit, der nicht nur zufällig an die Filme von Marc Caro und Jean Pierre Jeunet erinnert. Immerhin war Marc Caro am Film als Charakter Designer beteiligt, was man den teils skurilen, teils durchgeknallten, aber jederzeit sympathischen Figuren anmerkt. Herausragend bei diesem Film ist neben der Darstellung von Gerard Depardieu und aller weiteren "Hauptdarsteller" die Optik. Hier wird so ziemlich alles in den Schatten gestellt, was Hollywood Mainstream zu bieten hat. Landschaften werden üppig und in Opulenz verfälscht. Comicfarben, bunt und schrill ebenso eingesetzt wie Videokameraaufnahmen, die ein verrauschtes, grieseliges Bild haben, bei dem die Farben extrem herausgefiltert sind. Dazu eine passende Menge an Dunkelheit, die dem Film viel seiner Atmosphäre gibt, aber niemals dazu gedacht ist billige Effekte zu kaschieren.
Ebenso für offene Münder sorgen die toll choreographierten Kampfszenen, welche dem Eastern oder modernen Hongkong Film entliehen sind und die man sich so kaum in einem französischen Film vorgestellt hat.
Was einer Erwähnung bedarf ist die Musik von Bruno Coulais, welche die Bilder jederzeit hervorragend untermalt und Klangteppiche zaubert, die beinahe so oppulent sind, wie die Kameraführung und die Bilder, beeindruckend.
Die Geschichte selbst handelt von einem ehemaligen Gefangenen (Vidocq) der zum größten Detektiv Paris geworden ist, aber beim Kampf mit dem Alchemisten sein Leben verliert. Ein junger Journalist, der eine Biographie Vidocqs schreiben möchte, nimmt die Spur auf und versucht zu erkunden, was Vidocq herausgefunden hat.
So zeichnet der Film mit Flashbacks den Weg Vidocqs nach, der immer tiefer in eine bizarre Welt aus Unsterblichkeit und Gewalt und Drogenkonsum hineingeriet, ein Weg der auch seinem Biographen droht. Die Geschichte fasziniert durch eine subtile Annäherung an das Geschehen, in wunderschönen, teils aber auch drastischen Bildern, bei denen auch ein Horrorfilm gehärteter Rezipient das eine oder andere Mal schlucken muss. So pervertiert, so grausam ist der Grund für die Taten des Alchemisten.
Das Ende kommt bei diesem Film viel zu schnell, man mag es lieben oder hassen, aber es macht Sinn. Durch die Sprünge in der Erzählstruktur, auf Story und Zeitebene wird der Zuschauer gefordert, verliert möglicherweise den Faden, aber trotzdem ist das Ende nicht nur ein aufgesetzter, billiger Effekt, wie man ihn zum Beispiel bei einigen Frühwerken Argentos beobachten konnte, in denen die Demaskierung des Mörders willkürlich geschah und man nicht darauf hätte kommen können. Dies ist hier anders. Wie bei Memento gibt der Film dem Betrachter jede Unterstützung bei der Suche nach Motiv und Täter. Wie Alan Parker’s Angel Heart wird auch hier die Suche nach dem Alchemisten zu einer düsteren Reise ins eigene Ich. Man muss die Zeichen nur deuten können. Sicherlich stand auch Bryan Singers Erstlingswerk Pate, als es um die Konzeption dieses Films ging, aber mehr möchte ich hier nicht verraten.
Habe bewusst auch die Spoiler Funktion aktiviert, da ich nicht sicher bin, wie konzentriert jemand dieses Review verfolgt, der den Film noch nicht gesehen hat. Wärmstens empfohlen von mir, funktioniert der Film auch auf DVD hervorragend, die Bilder büssen nichts von ihrer Wucht ein.
Ein echtes Meisterwerk 10 Punkte gibt es nur nicht, da es sicherlich nicht der beste Film ist, der je produziert wurde ;) Da gibt es schon ein paar mehr, die auch noch eine Ecke besser sind (subjektiv!) als Vidocq. Aber er ist nah an allem dran :)

36 Bewertungen auf f3a.net

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Vidocq
  • f3a.net: 6.9/10 36
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-26 10:45

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