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Review Wilderness

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Rauh, einfach gestrickt und effektiv
von D.S.

In Sachen Drehbuchblödheit liegt "Wilderness" dieses Jahr sicherlich ganz weit vorne, in Sachen Unterhaltsamkeit aber auch. Einer der diesmal eher wenigen Filme, die ein etwas höheres Tempo gehen und kontinuierliche Adrenalinausschüttung als Ziel verfolgen, dafür aber am Schönheitspreis weit vorbei schrammen. Trotzdem eine willkommene Abwechslung. Wenn man keine Probleme mit Logik- und Glaubwürdigkeitsschwächen massiver Art hat.

Die Eröffnungssequenz ist dabei alles andere als unrealistisch und zudem ziemlich intensiv inszeniert. In einem Jugendknast werden zwei schwächliche Jungs von ihren Mitinsassen, dabei vor allem von zwei Faschoschlägern aufs Übelste drangsaliert. Einer der beiden verkraftet die brutalen Demütigungen bald nicht mehr und bringt sich um - was die Gefängnisleitung gar nicht amüsiert, weshalb die verantwortliche Zimmerbelegschaft dazu verdonnert wird, eine Disziplierungswoche mit ihrem Aufseher (wie immer sehr präsent: Sean Pertwee) auf einer abgelegenen Insel zu verbringen, die früher dem Militär als Trainingsbasis diente.

Da fängt das mit den Unglaubwürdigkeiten aber schon mal an: sechs als hochgradig gefährlich eingestufte Jungkriminelle fahren als BESTRAFUNG für eine Woche in die freie Natur und verbringen dort eher sowas wie einen Urlaub inklusive fröhlichem Herumtollen und im Fluß baden - dazu noch bewacht von gerade mal EINEM Erwachsenen, der nicht mal über eine Schußwaffe verfügt? Sehr wahrscheinlich. Aber noch lange nicht so unglaubwürdig wie der weitere Verlauf der Handlung, über den ich hier nicht zu viel verraten möchte. Nur so weit: die Insel ist nicht, wie angenommen, verlassen. Und unter anderem trifft man hier bald auf Jemanden, dem das Überleben der Gruppe nicht eben am Herzen zu liegen scheint. Beziehungsweise - man WIRD getroffen.

Aber nicht nur die folgenden Geschehnisse, vor allem auch ihre Begründungen wirken zumeist wirklich extrem an den Haaren herbeigezogen. Leider auch viele der Dialoge, die dann entsprechend hölzern vorgetragen werden. Den Schauspielern kann man dabei noch den geringsten Vorwurf machen. In Anbetracht der Tatsache, daß sie fast alle reichlich jung sind, machen sie ihre Sache sogar ziemlich gut und erwecken ihre Figuren im Rahmen der Drehbuchvorgaben fehlerfrei zum Leben. Das verhindert allerdings nicht, daß Charakterzeichnungen, wenn überhaupt, nur reichlich brachial geschehen. Klischees und vorhersehbare Verhaltensweisen sind leider an der Tagesordnung, Glaubwürdigkeit auch hier absolute Mangelware.

Wie auch immer, als die Gruppe dann über die Insel gejagt wird und noch dazu interne Konflikte ausbrechen, treten viele der genannten Mängel in den Hintergrund. Action-Höhepunkt folgt Action-Höhepunkt, dazu gibt es ein paar nette Verletzungen und gorige Momente zu erleben - unter anderem wird die Bärenfalle aus "Severance" nochmal ziemlich drastisch getoppt. Spannend ist das Ganze zweifellos auch und im Hinblick auf Timing und Dramatik routiniert inszeniert.

Man kann sich bei "Wilderness" also wirklich gut unterhalten, auch über die erstaunlich lange Laufzeit hinweg kommt kaum jemals Langeweile auch. Man kann sich allerdings auch extrem oft auf die Stirn schlagen, denn der Blödheitsfaktor von Storyhintergrund und -entfaltung ist schon ziemlich hoch. Zusammengenommen gibt das dann 6,5 Punkte. Ein wenig mehr Intelligenz (und vielleicht auch ein etwas polierterer Look) hätten hieraus aber auch einen Festivalhöhepunkt machen können.

war im Metropolis 8, Frankfurt

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Wilderness
  • f3a.net: 6.4/10 43
© Fantasy FilmFest Archiv 2024-04-20 00:16

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